Sterben ist immer etwas für Anfänger ...
... vielleicht ist der Mai nicht der richtige Monat, um darüber zu schreiben. Oder aber er ist genau der richtige Monat, denn der Frühling lindert das Thema eher ab als es der November je könnte.
Seit dem Tag unserer Geburt steht fest, dass das Leben auf den Tod zugeht. Für jeden. Für jedes Lebewesen. Das ist eine unabänderliche Gemeinsamkeit, die wir alle haben, egal wer wir sind, woher wir kommen und wie unser Lebensweg verläuft. Der Tod als großer Gleichmacher ist allerdings kein Gerechtigkeits-Anhänger, denn es sterben sowohl Kinder direkt nach der Geburt wie auch sehr, sehr alte Menschen nach einem unendlich scheinenden langen Leben. Und zwischen den Zeiten sehr früh und sehr alt ... liegt eine Menge Spielraum, und immer wieder hat der Tod seine traurigen Hände im Spiel.
Im Laufe der Zeit entwickelt man eine Meinung zum eigenen Tod, die in etwa lauten könnte: ich habe keine Angst vorm Tod, aber vorm Sterben.
Auch die umgekehrte Meinung ist möglich: Angst vorm Tod, aber nicht vorm Sterben.
Der Tod gehört zu den wenigen Ereignissen, die niemand vorher genau planen kann, denn niemand weiß, woran er einmal sterben wird.
Ist ein schneller Herztod in hohem Alter auch der Wunsch von vielen, so läuft es leider selten nach Wunsch, und Traumvorstellungen von einem schmerzfreien Sekunden-Tod sind nicht jedem vergönnt.
Wir alle sterben als Anfänger, weil es keine Generalprobe gibt. Irgendwann werden wir krank, müssen uns der Tatsache stellen, dass wir diese Krankheit nicht überleben - und dann erst erfahren wir etwas über uns selbst, das wir zuvor vielleicht noch gar nicht gewusst haben: wie wir mit der Endgültigkeit eines nahen Endes umgehen werden.
Die eine nimmt es schwer, der andere wischt vielleicht die Tatsachen als gefühlt unwahr zunächst beiseite.
Meine Mutter bekam zu einigen anderen Diagnosen im Juni 2010 auch noch eine Krebsdiagnose. Während der Arzt ihr davon erzählte, stand ich vor ihrem Krankenbett - und sah, dass sie beinahe so gelassen war, als hätte ihr jemand gesagt, er hätte gerade ihre Lieblingstasse zerbrochen. Ich sprach sie auf diesen tiefen inneren Frieden an, und sie antwortete:
"Ich bin 80 Jahre alt, und ich habe lange genug gelebt. Alles ist gut."
Ich hoffe, ich werde in entsprechenden Momenten an ihre Worte denken ... und mit ebenso viel Mut das Unabänderliche hinnehmen.
Eine Freundin hat mir von ihrer Tante erzählt, die furchtbare Angst sowohl vorm Sterben als auch vorm Tod hatte. Der Tod hat sie am Ende deshalb keineswegs vergessen.
Sie hat es geschafft, alle, die vor uns gegangen sind, haben es geschafft. Der eine hat es schwerer genommen, der andere hat es angenommen und ist diesen unbekannten, ungelernten Weg gegangen.
Sterben ist zwar immer ein Anfänger-Projekt, aber auch als Ungelernte werden wir eines Tages diese Hürde nehmen. Der eine leichter, der andere schwerer.
Bleibt am Ende noch genug Zeit und Mut, kann man ausgiebig Abschied nehmen. Vielleicht werden dann diese Tage zu den schönsten ... hoffentlich!
Guten Tag, Gruß Silvia
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