Die Zeit ist ein gnädiger Verräter, der
uns lehrt, mit Verlusten zu leben ...
- Verfasser ist mir unbekannt
Jeder persönliche Verlust lässt uns tieftraurig und untröstlich zurück, und man misstraut dem strahlenden Sonnenstrahl, der es wagt, uns trotzdem ein wenig zu wärmen.
Es wird nie wieder so sein wie mit diesem einen besonderen Menschen, wie mit diesem einem besonderen Tier. Und das stimmt natürlich: es gibt Menschen und Tiere, die man nicht ersetzen kann, weil sie einem so sehr ans Herz gewachsen waren - und man sich nach ihren Toden plötzlich entsetzlich allein gelassen fühlt, als würde man im dunklen Weltall erfolglos nach einem Anker suchen, der zumindest den Schmerz ein wenig lindert. Und man weiß trotzdem: diesen Schmerz muss man aushalten, weil niemand ihn uns abnehmen kann und wird.
Dann kommt die Zeit ins Spiel, die sich als wankelmütiger Gefährte erweist und sich erdreistet, den Kummer in ihre Hände zu nehmen, um in zielgerichteten Abständen etwas von dem Schmerz abzublättern.
Die Zeit ist ein gnädiger Verräter ... und der Kummer verblasst unter ihrem Einfluss, während die schönen Erinnerungen die Oberhand gewinnen und aus dem traurigen Schluss einer tiefen Beziehung eine wertvolle neue machen.
Die Zeit als gnädiger Verräter ... lehrt uns, mit Verlusten zu leben und nicht mit ihnen gemeinsam zu sterben. Sie ist eine Freundin, auf die man sich immer verlassen kann. Nach dem größten Trauern gibt sie
uns schöne Erinnerungen als Belohnung zurück.
Als mein Bruder mit 19 Jahren bei einem Hotelbrand ums Leben kam, dachte ich, ich würde es nie verwinden und nie wieder lachen und unbeschwert sein. Und jeder, der damals in meiner Gegenwart gelacht hat, war mein persönlicher Feind. - Es war ein derart tiefer und böser Einschnitt, dass nichts anderes mir möglich schien.
Aber am Ende gewinnt immer das Lebenwollen.
Mein größter und inzwischen vertrauter Helfer war die Zeit.
In 2019 habe ich meinen Yorkshire Robin verloren, in 2021 meine Malteserin Bienchen und 2022 meinen Tibet-Terrier Charlie, mit dem ich nur 17 gemeinsame Monate hatte, weil er schon älter und krank war, als ich ihn aus einem Tierheim adoptiert habe. Aber von den 17 Monaten waren sechzehneinhalb schön. Mit Robin hatte ich beinahe 16 Jahre, mit Bienchen über 17 Jahre.
Die Zeit ist noch nicht gekommen, dass ich Charlies Tod verwunden habe ... aber ich habe schon die Zeit gefunden, für unsere 17 Monate dankbar zu sein, ohne tieftraurig zurückzusehen.
Nie vergessen werde ich die einzelnen Todestage - aber ich helfe der Zeit insofern, dass ich mich bei einer überbordenden Erinnerung nicht tiefer in diese hineinsteigere.
Wie gut ist es doch, dass uns die Zeit nicht verlässt, auf deren Trost und gnädigen Verrat man sich immer verlassen kann.
Guten Tag, Gruß Silvia
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