Halloween 2020
Noch in keinem anderen Jahr, an das ich mich erinnere, lebten wir so extrem nahe an und wurden stets begleitet von einem Gefühl wie Halloween. Wer braucht heute noch den zusätzlichen Grusel, wenn der sich täglich im wirklichen Leben potenziert.
Wie schön, wie fein, wenn man zurück denkt und sich den Schauder selber machen musste, um in Halloween-Stimmung zu kommen. Heute möchte man eher raus aus dieser Abwärtsspirale der täglichen Gruseleinheiten.
Lockdown!
Kontaktverbote!
Home-Office!
Home-Schooling!
Und viele Branchen, die jeden Tag mehr einer Bruchlandung nahe kommen.
Auf der anderen Seite zum Beispiel Hochzeiten als Hotspot für Corona-Infektionen.
Alles bricht weg, vielfach und wiederholt auch Kontakte. Eine düstere Zeit. Was ich als Tragik empfinde:
Altersheimbewohner, die keinen Besuch bekommen dürfen ... und vielleicht in ihren letzten Lebensstunden allein gelassen werden müssen.
Auch die Menschen, die in Krankenhäusern beim Überwinden und Heilen ihrer Krankheiten hier und da eine Hand brauchen, die die ihre hält, sind seelisch stark betroffen. Viele Menschen sind völlig allein und ohne Trost gestorben, nur umgeben von Fremden.
Einen Sterbenden kann man nicht auf Später vertrösten, ihn zu umarmen, kann man nicht nachholen.
Nicht wirklich tragisch empfinde ich diverse Verzichte, weil sie nur dazu beitragen, das Virus so gut wie möglich einzudämmen ...
und die auch nicht für die Ewigkeit vorgesehen sind:
Keine Besuche zu Weihnachten bedeutet für viele schließlich nicht, dass sie völlig allein sind, weil sie eine Familie haben, mit der sie in einem Haushalt leben. Anderen wiederum, und davon soll es eine Menge geben,
bevorzugen ein Weihnachten, dem sie weder allzu viel Beachtung noch Bedeutung zumessen. Manche entdecken jedoch plötzlich einen nie dagewesenen "Familiensinn" ... Für die Ehrlichen, die mit Weihnachten nicht viel am Hut haben, sind die Clubs geschlossen, die ansonsten für die Weihnachtsmuffel geöffnet sind.
Und schon werden die Klagen größer ...
Diesmal fällt auch Halloween der Vernunft und dem Rotstift zum Opfer. Seinen Kindern könnte man es sicher schlüssig erklären und ihnen zugleich eine gefahrlose Alternative anbieten: Das Heim schaurig-schön schmücken und damit die Kinder in eine "Video-Konferenz" mit ihren Freunden schicken. Und ganz nach dem Vorbild von Ostern - könnten Eltern ihren Kindern etwas Süßes verstecken.
Nachbarn könnten kontaktlos vor den Türen, hinter denen Kinder wohnen, die sie kennen, eine Kleinigkeit hinterlassen.
Im nächsten Jahr zum nächsten Halloween kann auch ich mir hoffentlich wieder eine böse Geschichte einfallen lassen, die nichts mit den realen Zuständen zu tun hat, wie z. B. jene Story vom "Arlington Friedhof", die ich vor ein paar Jahren geschrieben habe.
Nicht zuletzt schadet ein bisschen Ereignislosigkeit in einem Leben nicht wirklich. Manche kann es sogar von dem Drang, immer und ständig etwas Neues erleben zu wollen, befreien. Es ist etwa so wie mit dem Ausmisten von Gegenständen und Kleidungsstücken - danach fühlt man sich ein bisschen be-freiter.
Wirkliche Lösungen weiß ich nicht, aber es ist jeder gefragt, die Welt für sich und sein näheres Umfeld auch in schwierigen Zeiten so schön wie möglich zu gestalten
und ein bisschen weniger zu jammern. Es hilft ja nix.
Nach einem Heute kommt immer ein Morgen. Und nach einer Durststrecke eine der Sättigung.
Dennoch habe ich Mitgefühl mit vielen Branchen wie der des Tourismus, der Gastronomie oder der Künstler, um nur einige zu nennen. Mein Mitgefühl hilft allerdings niemandem.
Zuletzt: Ich habe auch Weihnachten miteingeschlossen in diese traurige Zeit, weil ich nicht glaube, dass bis dahin alles besser wird.
Besinnen wir uns auf uns selbst und unsere Nächsten.
Ratlos!