Geklonte Stallhasen
Anhand der Osterbroschüre von Lindt
Eine völlig abhängige Jury
Wie in einer Edel-, aber Unglaubwürdig-Ausgabe von DSDS, sitzen drei Juroren, die Frau natürlich in der Mitte, flankiert von coolen Kerlen in null-acht-fuffzehn-Hemden, die ganz ohne den Halt durch einen Schlips auskommen, in der Heftmitte. Doch wer jetzt denkt, die kritisieren den Auftritt der
beliebten Lindt-Familie (zweimal im Jahr unumgänglich, vor Weihnachten und Ostern), der irrt. Aber der Grund, warum diese drei Gestalten nicht völlig durchgestylt sind, ist schnell ausgemacht:
Es sind drei Schokoladen-Liebhaber, die sogar namentlich genannt werden. Ganz reale Menschen also, die sich für ihren Auftritt im Journal ein bisschen dem Lindt-Style unterworfen haben, aber nicht völlig. Natürlich ist das kein Zufall. Denn Zufall gehört nicht zum Konzept der Schweizer Firma.
Ob den "Juroren" die Auftritte dieser weltfremden Familie wirklich zusagen? Aber sie wollen letztlich nur diverse Schokoladen testen und vorrangig die eigene Bekanntheit erweitern.
Folglich bleibt mir einmal mehr die selbst auferlegte unerfreuliche (ach Quatsch, ich freue mich zweimal im Jahr darauf) Aufgabe, mich über die Ostergang Lindt lustig zu machen:
Ob es in jedem Heft dieselbe Familie ist, kann ich überhaupt nicht sagen, denn die Modelle sind so austauschbar wie beliebig und haben keinerlei Wiedererkennungswert:
Eben Vater, Mutter, zwei Kinder - wie es sich gehört, ein Mädchen, ein Junge - und die Großeltern.
Da Ostern in diesem Jahr ziemlich spät stattfindet, ist das einerseits positiv für den Absatz von Goldhasen und deren Kumpanen und andererseits kann man auch schon mal auf den
Muttertag hinweisen, denn was ist schöner für jede Mutter, als an diesem Tag Lindt-Schokolade im Mund schmelzen zu lassen. Kinder beim Verputzen derselben lindtlos zusehen zu lassen, gehört sich natürlich nicht ...
aber die braven Lindt-Kinder hätten wohl auch damit keine Probleme. Die größten Probleme haben sie eher mit dem korrekten Sitz ihrer Haare.
Klinisch rein und fern von Gut und Böse erscheinen auch die Eltern dieser süßesten Gören seit es Schokolade gibt, mit denen man die nicht so süßen, falls sie das nun traurig macht, ruhig stellen kann.
Schwer vorzustellen, wie sich diese Lindt-Traum-Eltern die Haare raufen, morgens verknittert aus dem Bett steigen, zur Kaffeemaschine schlurfen oder sogar eine heiße Nacht hinter sich haben.
Doch schließlich geht es hier nicht um die Realität, sondern nur um real existierende Schokolade, die
in Kugelform gern als Buch-Beilage genossen werden darf. Oder als Lesestoff-Befeuerung für diesen Blog. Aber bitte nur eine Kugel zu jedem gelesenen Buch - obwohl? ...
Dann bleibt die Firma am Ende noch auf ihren vielen süßen Kugeln sitzen, denn es wird viel weniger gelesen und nicht mal das Gelesene wird oft richtig verstanden.
Für all das eitle Getue in diesem goldigen Heftchen ist viel Vorarbeit nötig, aber die findet hauptsächlich in der "Maske" statt. Für den Inhalt zeichnet eine Werbefirma,
die sich einen goldenen Hasen verdienen möchte, obwohl die sich damit kaum zufrieden geben würden. Zumindest wissen die, was Lindt nicht möchte:
Keine Darstellung behinderter Kinder, dementer Großeltern und ähnliches.. Keine Abenteuer in No-Go-Areas, keine Probleme, keine Greta,
dafür jedoch "Lindt und Lafer - Schokolade zum Träumen".
Ostern kann kommen, Lindt hat fertig ... ich auch.
Guten Tag, Gruß Silvia
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