Mittwoch, 19. Dezember 2018

19. Dezember 2018 - Adventskalender 2018 - 19. Türchen: In der dunklen Jahreszeit



In der dunklen Jahreszeit

... nicht nur an und um Weihnachten herum, steht auf meinem Balkon ein Licht, das gewöhnlich für drei Tage und Nächte brennt. Es sind Lichter, die auch auf Gräbern stehen - und ich könnte nun hingehen, um solche auf "meinen" Gräbern zu verteilen -

oder besser nicht. Denn viele der Gräber gibt es gar nicht, sie sind zu weit weg oder ich habe auch nie gewusst, wo genau sie sind ... noch bedeuten mir Gräber etwas. Davor zu stehen weckt in mir kein Gefühl von irgendeiner Nähe.

Meine verstorbenen Lieben hingegen bedeuten mir viel, und auch völlig ohne offizielle Gedenkstätte gehen sie mir nicht verloren. Ich stelle die Lichter auf, und wenn ich hineinsehe, fühle ich die Nähe ... (durch ein sehr großes Fenster sehe ich direkt vom Wohnzimmer auf den Balkon).

Mal steht dort ein Licht für meinen Vater, meinen Bruder, mal für meine Oma oder meinen einzigen Onkel oder meine Mutter. Ist das jeweilige Licht herunter gebrannt,

stelle ich ein neues auf: Zum Beispiel für meine verstorbenen Katzen oder den Beo Cocky. Die tierischen Lebens-Begleiter sind schließlich nicht weniger wichtig.

Und dann wiederum leuchtet es für die nie gekannten Großeltern Oskar und Alma,  Eltern meiner Mutter - oder ihre drei Brüder.

Auch Silverius, der Mann meiner Oma - von dem ich meinen Vornamen habe und der lange vor meiner Geburt gestorben ist - bekommt in loser Reihenfolge ein Licht ... ganz für sich

und mich allein. Denn jedesmal, wenn ich einen Blick auf das Licht werfe, denke ich an ihn.

Mit kleinen Erinnerungsbrücken versuche ich, mich an Geschichten über ihn zu erinnern - leider sind diese recht dürftig. Ich habe in meinem Leben viel zu viele Fragen nicht gestellt ... Auch über die anderen Großeltern weiß ich zu wenig, obwohl meine Mutter von Natur aus redseliger war und mir einiges erzählt hat.

Im Moment brennt ein Licht für meinen Vater - und ich muss aufpassen, dass ich niemanden bevorzuge, denn ich halte es nicht immer so ganz gerecht nach,

und denke, dass einige öfter ein Licht spendiert bekommen als andere.

Aber das ist sicherlich auch nicht wichtig, denn wichtig für mich ist, dass ich diese Lichter in der dunklen Jahreszeit

am Leben erhalte,

und sie jeweils jemandem widme, der mir viel bedeutet hat - oder viel hätte bedeuten können. Denn dass ich nicht ganz so oft an die mir unbekannten Verstorbenen aus meiner Familie denke ... ist vielleicht nachvollziehbar. Auch darum gibt es diese Lichter, und damit auch die Erinnerung an

Menschen, die ich nie kennen lernen durfte.


Einen schönen Adventstag, Gruß Silvia

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