Samstag, 5. Dezember 2015
5. Dezember 2015 - Adventskalender 2015 - 5. Türchen - Alzheimer und Demenz
Wenn es dunkel wird
und Menschen beginnen, ihr Leben Stück für Stück und immer mehr zu vergessen: Dann sind sie an Alzheimer oder einer Demenz erkrankt. Und dafür gibt es keine Heilung.
Ein sehr lieber, älterer Herr aus meiner Nachbarschaft hat jahrelang seine an Alzheimer erkrankte Frau gepflegt - und dies voller Hingabe und Fürsorge. Manchmal lief sie ihm fort - und er musste sie suchen. Manchmal setzte sie einen Topf Milch auf die heiße Herdplatte und vergaß ihn dort. Die Bescherung muss furchtbar gewesen sein.
Doch Alzheimer-Kranke sind nicht immer einfach zu ertragen. Nach vielen Jahren des Kümmerns traf ich ihn - wie öfter - und er sagte mir, er hätte seine Frau in ein Altersheim gebracht. Er wäre drauf und dran gewesen, sie zu schlagen ... und da wusste er, es sei an der Zeit, sich räumlich von ihr zu trennen. Ich verbürge mich dafür, dass dieser Mensch kein Schläger ist.
Er besucht sie heute täglich und berichtet mir manchmal darüber. Leider gibt es in dieser Krankheit keine Besserung.
Vor einiger Zeit machte ich einen Besuch in einem Altersheim, und meinen Hund Robin hatte ich an meiner Seite. In einem Aufenthaltsraum traf ich auf eine Frau, die mich fragte, ob ich ihrer Mutter wohl meinen Hund zeigen könnte. Sie sei dement. Natürlich konnte ich solch eine Bitte nicht abschlagen.
Wir gingen gemeinsam in das Zimmer der alten Frau, und sie saß teilnahmslos in ihrem Sessel und starrte ins Leere. Ich nahm Robin auf den Arm, damit sie ihn besser sehen konnte. Aber auch auf ihn reagierte sie zunächst gar nicht. Es dauerte gefühlte fünf Minuten, als sie plötzlich ihren Kopf zu Robin drehte - und schon gingen die Tränenkanäle auf. So sehr, dass ich mich wirklich erschreckte. Die Frau, die die Tochter der Kranken war, weinte leise mit.
Es sei das erste Mal seit ewigen Zeiten, erzählte sie, dass ihre Mutter überhaupt auf etwas reagiert habe ...
Auch der Bruder meines Vaters war an Alzheimer erkrankt. Zum Glück fehlten hier noch die aggressiven Momente der Demenz.
Sein täglicher längerer Spaziergang führte ihn zum Grab seiner Mutter, meiner Oma. Den Weg konnte er eigentlich noch gut bewältigen.
Sein Unglück war der Bahnübergang auf dem Weg zum Friedhof.
Eines Tages wurde er von einem Zug erfasst - und starb. Es war eindeutig kein Suizid. Trotzdem fühle ich noch heute mit dem Lokführer.
Einen schönen Adventstag wünscht Biene
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