Mittwoch, 2. Dezember 2015

2. Dezember 2015 - Adventskalender 2015 - 2. Türchen - Manchmal ist das Leben nicht so ...


Manchmal ist das Leben nicht so

wie in der derzeit erfolgreichen Serie "Der Club der Roten Bänder". Und vor allem ist das drohende oder schon begonnene Sterben nicht voller Zuversicht, es doch noch verhindern zu können, sondern oft genug von Hoffnungslosigkeit geprägt.

Wie schön, wenn sich Menschen, wie in dieser Serie, gegenseitig Mut machen.

So hat mir meine Freundin Gabi von zwei lange zurück liegenden Begegnungen im Krankenhaus erzählt, die sie bis heute nicht vergessen hat:

Dort, wo heute ein großes orthopädisches Fachkrankenhaus ist, gab es damals nur eine kleine orthopädische Männer- bzw. Frauenstation. Angeschlossen an die Männerstation lag das Kinderzimmer, etwas verwinkelt angeordnet und winzig klein. Ein paar Babies in Spreitzhöschen lagen in dem einen Bereich - während ein vierzehnjähriger Junge allein in dem anderen lag.

Gabi hatte Nachtdienst in dem Bereich, in den auch die orthopädische Männer-Station gehörte. Der Junge tat ihr in seiner Einsamkeit sehr leid. Sie hatte nachgesehen, welche Krankheit er hatte - denn sie sah ihn zum erstenmal nach ihrem Urlaub. Er litt an einem Sarkom, und ein Bein war bereits amputiert worden.

Gabi fragte ihn, ob er nicht lieber zu ein paar jungen Männern verlegt werden möchte - sie würde dies dann veranlassen.

Nie hat sie den Blick und das Gefühl vergessen, das dieser Blick in ihr auslöste und auf das diese Antwort des Jungen folgte:

"Es ist doch egal, wo ich sterbe."

Sie schämte sich für ihre ureigene Betroffenheit, denn es war der Junge, der betroffen war, nicht sie.

Nie vergessen hat Gabi auch die achtzehnjährige junge Frau. Sie lag auf der Inneren Frauen-Station und hatte Leukämie. Natürlich wurde immer darauf geachtet, dass Menschen in einem Zimmer lagen, die möglichst Gemeinsamkeiten hatten. Nicht unbedingt, was die Krankheiten anging, aber die anderen Umstände. So lag sie nicht mit alten, sondern mit jungen Frauen in einem Dreibett-Zimmer.

Die Frauen untereinander verstanden sich gut, und auch mit Gabi verstanden sich alle gut. Gabi hatte es besonders die sehr kranke junge Frau angetan, denn sie waren damals im gleichen Alter - Gabi noch in ihrer Ausbildung.

Sie sprachen über Jungs und Bücher und über dieses und jenes. Vielleicht wären sie Freundinnen geworden, wenn es die Zeit erlaubt hätte ...

Eines Tages kamen sie auf ein Buch zu sprechen, das die junge Frau - ich nenne sie mal Jenny - gern lesen würde. Zufälliger Weise besaß Gabi dieses Buch - und brachte es ihr am nächsten Tag mit ins Krankenhaus.

Erst ein paar Tage später fiel Gabi auf, dass sie Jenny ein Buch geliehen hatte - in dem eine junge Frau an Leukämie stirbt. Daran hatte sie überhaupt nicht mehr gedacht. Und sie war unsicher, wie sie jetzt damit umgehen sollte. Sie war ja selber noch so jung. Also entschied sie sich, erst einmal gar nichts zu tun.

Während der Stations-Weihnachtsfeier verstarb Jenny. In dem einen Raum das Lachen, in einem anderen der Tod. Aber das Lachen in dem einen erstarrte, als eine so junge Frau für immer ging.

Einen schönen Adventstag wünscht Biene




2 Kommentare:

  1. Danke Silvia, das ging unter die Haut, die Serie habe ich bislang boykottiert, weil eine Bekannte aus dem Dorf gerade im UKE (Eppendorf) würdelos und elend vereckt am Krebs und die Inkompetenz und Gefühllosigkeit der Ärzte und der meisten Schwestern und Pfleger erschreckend ist. Ihr Mann schüttet sein Herz jedesmal bei uns aus, es ist furchtbar.
    Andererseits arbeitet meine jüngste Schwester sehr engagiert als onkologische Fachschwester mit Krebspatienten, bei ihr wüßte ich jeden in besten Händen...

    Ich selbst habe mit meinen Kindern von der 28-34 Woche im Krankenhaus strikt im Bett liegen müssen, am Wehen hemmenden Tropf, durfte nicht mal auf die Toilette, während im 2. Bett die Patientinnen kamen und gingen.
    Ich habe damals Tagebuch geführt, konnte ja sonst nix tun, das lese ich heute noch gerne. Ich war damals 32 und zum 1.Mal im Krankenhaus.

    So - muss Schluß machen, Susi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe mir nur einmal online einen Teil angesehen. Und natürlich sieht es in Wirklichkeit meist ganz anders aus. Da gibt es jene, die es gut getroffen haben - und jene, die es nicht so gut treffen. Leider. Weil jeder mal in diese Situation kommen könnte, kann man verrohte Ärzte und Schwestern auch wenig verstehen. Gruß Silvia

      Löschen