Montag, 30. März 2020

30. März 2020 - Lindenstraße - Adieu!

Foto: H. P.


Adieu Lindenstraße!

Für viele bedeutete sie der Nachbarschaftsplausch am Sonntagabend, in dem man den neuesten Tratsch hörte, aber zum Glück niemals Mittelpunkt irgendwelcher Streitereien war. Man war außen vor, wenn

Else Kling "Sodom und Gomerra" rief und jeden ins überwachende Visier nahm, bis es sogar ihrem seit Ewigkeiten angetrauten Egon zu viel wurde,

und er sich noch kurz vor seinem Tod (in der Straße und im Leben) von ihr trennte. Die Lindenstraße setzte Maßstäbe:

Es ist nie zu spät, um noch auseinander zu gehen!

Die Serie selber verpasste diesen Absprung um viele Jahre.

Gestartet ist sie 1985 mit 14 Millionen Zuschauern (lt. Aussage der ARD) und vermutlich wird auch die gestrige finale Folge noch einmal einen Zuschaueranstieg erfahren haben. Obwohl das Ansehen dieser Folge in nichts von den vielen anderen abweicht, die bereits durchs Zuschauer-Raster gefallen sind.

Es gab jedoch gute Zeiten, in denen ein schwuler Arzt eine der Hauptrollen inne hatte und er mit einem Schauspielkollegen den ersten Fernseh-Kuss der Geschichte austauschen durfte. Ich erinnere mich nicht an die damaligen Reaktionen, weil ich

persönlich das weniger spektakulär, aber durchaus an der Zeit fand, Zärtlichkeiten zwischen Schwulen zu thematisieren.


Besuch in der Lindenstraße

In den Anfangsjahren oder eher Anfang der 1990er Jahre war ich einmal in und hinter den Kulissen der Lindenstraße. Als gewöhnliche Besucherin. Ein paar Schauspieler waren an diesem Tag auch anwesend,

zum Beispiel Ute Mora, die die Berta Griese spielte. Solche Jungfrauen im fortgeschrittenen Alter gab es eigentlich damals im realen Leben überhaupt nicht mehr. Wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht. Aber Berta durfte schließlich eine Metamorphose durchleben

und wurde endlich eine moderne Frau.


Themen

Und da ich gerade bei einer modernen Frau bin: Marieluise Marjan (Mutter Beimer), in der letzten Folge wird ihr diesjähriger 80. Geburtstag nur vorweg genommen,

sieht heute moderner und auch attraktiver aus als in den Anfangszeiten. Auf dem Weg zur Attraktivität musste sie allerdings so einige

filmische Rückschläge verarbeiten: Ihr Hansemann, später auch Hanf Beimer genannt, verliebte sich in Anna Ziegler und zog die Scheidung durch, um noch einige Beimer-Kinder in die Welt zu setzen. Davon waren nicht alle gleichermaßen präsent in den Stories über die langlebige Straße.

Natürlich fand auch Helga einen neuen Mann. Und durch Erich Schiller wurde sie sogar noch zu einer Geschäftsfrau.

Unvergessen ist der Bratpfannen-Totschlag an dem  Stör-ich-Pfarrer Matthias. Lisa, die Täterin und ihr Kumpel-Komplize Olli kommen ungeschoren davon,

und das war stets eine der Schwachstellen der Serie:

Viele Themen wurden einfach nicht weiter verfolgt und völlig unter den Tisch fallen gelassen.

Einzig Anna Ziegler saß im Knast für ihre Taten. Das hatte sicher etwas mit der Schauspielerin zu tun, die sich eine Auszeit von der Serie nehmen wollte ...

Es gab in diesen beinahe 35 Jahren unendlich viele Themen, die man gar nicht einzeln benennen kann - und an die ich mich auch nicht mehr in ihrer Vollständigkeit erinnere.


Fazit

Die Straße in München, die eigentlich in Köln-Bocklemund steht, hat viele Zuschauer über viele Jahre hinweg erfreut. Am Ende waren es wohl nicht mehr genug. Aber ein paar wenige sind sogar auf die Straßen gezogen,

um für den Erhalt ihrer Serie zu demonstrieren. Und obwohl es nur so wenige gewesen sind, ist dies sicher ein Novum:

Auf die Straße gehen, damit die Lindenstraße bleibt! Welche Serie kann das schon von sich behaupten - und das,

obwohl die Qualität weiter und weiter gesunken ist.

Was für einige das große Geheimnis der Lindenstraße ausmacht, kann ich leider nicht begründen. Ich denke gern an die ersten Jahre zurück,

aber irgendwann war der Zenit überschritten.

Trotzdem: Danke, Lindenstraße. Und viel Glück den Schauspielern, von denen ich die meisten noch nie in einem anderen Film gesehen habe.

Manchmal führt solch eine langlebige Serie auch zur

absoluten Bequemlichkeit und Bewegungsunfähigkeit. Da fühlen sich einige Schauspieler wie 9/17-Angestellte mit einem pünktlichen monatlichen Scheck.

Das kann sich jetzt ändern.


Guten Morgen, Gruß Silvia

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen