Freitag, 30. August 2019

30. August 2019 - War das schon alles? Gibt es eine Antwort auf diese Frage?




War das schon alles

... fragt sich der Mittfünfziger, und er setzt sich in sein Segelboot, um die Welt zu umrunden. Auf dem hohen Meer stellt er fest, dass er hier ganz alleine ist. Zwar war ihm das bereits vorab klar, aber die Einsamkeit in dieser Eindringlichkeit ... hatte er sich so nicht vorgestellt. Abwechslung bieten die Stürme, denen er sich entgegenstellen muss: War das sein Gedanke, als er sein altes Leben sprichwörtlich über Bord warf, um noch einmal etwas zu erleben? Etwas, von dem man sagen konnte, dass jenes Vorher nicht schon alles war?

Die Frau um die Fünfzig ist in der Pubertät des Alters, dem Klimakterium. Die Kinder sind aus dem Haus, und was der Mann so treibt, weiß sie nicht genau. Sie treffen sich meistens nur zum Abendessen, das in friedlicher Eintracht vonstatten geht. Selbst für Streitigkeiten langen ihre verloren gegangenen Energien füreinander nicht mehr.

Diese Frau fragt sich auch, ob das schon alles war. Was soll sie tun, damit das Leben ihr diese Frage beantwortet?

Soll sie Krüge töpfern oder Kerle aufreißen?

Dann sind da noch die alte Frau und der alte Mann, die sich in einem Altersheim kennen lernen. Sie haben sich in ihren harten Leben nie die Frage gestellt, ob das nun alles war ... sondern einfach ihre Pflichten erfüllt, zu denen sie sich einst bekannt hatten.

Es hat ihnen nicht durchgängig Spaß gemacht oder sie ausgefüllt, aber es waren ihre Leben gewesen.

Jetzt alt, verwitwet und im Heim - beantwortet sich für diese beiden die nie gestellte Frage wie von selbst:

Nein, es war noch nicht alles, denn jetzt kommt ihre ganz junge Liebe hinzu!

Es ist eben einfach, sich zu fragen, ob dies schon alles war ... aber was ist der Sinn dahinter? Unzufriedenheit vielleicht und Unsicherheit, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben?

Ich kann diese Frage nur im folgenden, wahren  Fall beantworten:

Manchmal komme ich an einer onkologischen Praxis vorbei. Dort gibt es ein paar Patienten-Zimmer im Erdgeschoss, in denen Erkrankte ihre Chemo-Therapie bekommen. Der Lamellen-Sichtschutz gefällt mir, denn so kann man nicht einmal aus Versehen ein zufälliges Bild von einem Kranken, einer Kranken bekommen. Niemand soll sich in schweren Stunden beobachtet fühlen.

Doch gerade gestern war dieser Sichtschutz vor einem Fenster ein wenig gelüftet. Ich habe nur eine Sekunde und nicht mit Absicht dahin gesehen:

Im Bett lag eine noch junge Frau, davor saß ein Mann.

Ich bin schnell weiter gegangen. Ich wollte sie keineswegs stören.

Aber diese junge Frau und der Sekunden-Blick auf sie hat mir eine  Antwort auf die oft gestellte Frage gegeben.

In ihrem Alter darf sie bedenken- und hemmungslos leidenschaftlich fragen:

War das schon alles?

Ich hoffe, sie übersteht ihre schwere Krankheit, denn das Leben sagt oft ganz von allein:

Nein, es war noch nicht alles. Ich gehe weiter mit dir.


Guten Tag, Gruß Silvia


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