Du bist schön, Momo ... schön und wunderbar schwarz
Mein unverschämtes Glück kann ich bis heute - nach beinahe zwei Jahren - kaum fassen.
In tiefer Trauer um Charlie, den ich aus dem Tierheim adoptiert hatte und der am 12. Dezember 2022 in einer Tierklinik behütet in seinem Hunde-Buggy gestorben ist, fand ich einen kleinen Trost darin, mir die noch zu vermittelbaren Hunde aus dem Heim für Heimatlose beinahe täglich anzusehen. Es gab also noch mehr
unglückliche Wesen als mich. Und viele von ihnen würden nie eine Chance auf ein neues Zuhause bekommen. Und ich hatte mein Zuhause mit Charlie verloren.
Obwohl ich überhaupt nicht auf der Suche nach einem neuen Hund war, fühlte ich mich den armen Seelen im Tierheim verbunden und fand Trost in ihren Fotos und Beschreibungen.
An Robin und Bienchen habe ich gedacht, und dass sie mir mit ihrem Für-Immer-Fortgehen das Herz gebrochen hatten. So lange Jahre hatten beide mich begleitet.
An Charlie, der nur 17 Monate bei mir war, dachte ich insbesondere: er war die ärmere Seele von den drei Hunden, denn im Gegensatz zu ihnen kam er zu mir, als er bereits
alt und schwer herzkrank war. Aber er war
in meinen Augen die reinste Seele, die je ein Lebewesen besessen hat.
Robin war bei mir, seitdem er 9 Wochen alt gewesen ist: er hat nie irgendeine Schattenseite des Lebens kennengelernt und hat als Yorkshire-Terrier den Chef aller Hunde weit und breit raushängen lassen.
Bienchen habe ich, als sie 7 Jahre alt war, in 2010 von meiner Mutter sozusagen geerbt: es war der letzte Wunsch meiner Mama, dass ich sie zu mir nehme, denn Bienchen war ihr am Ende ihres Lebens von allen Lebewesen auf der Welt das allerliebste. Sie musste sie gut versorgt wissen, bevor sie die Augen für immer schließen konnte.
Bienchen lernte von Robin das Hunde-Leben von der Seite kennen, die jeder Hund kennen sollte: nämlich ganz Hund sein zu dürfen, ohne den Menschen, der ihr das ermöglicht, zu vergessen - und mit Anhänglichkeit zu belohnen.
Als Malteser-Hündin war Bienchen von Natur aus natürlich anhänglich. Von Robin hat sie viel angenommen - auch das auf Rüden-Art-Pinkeln und Beinchenheben währenddessen, aber auch wesentliche Charakterzüge eines Yorkshires, die allesamt
nicht "ganz ohne" und gemacht sind, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Viele verkümmern nur leider als ungeachtete Lebewesen, denen man aufgrund ihrer geringen Größe
nichts Großes zutraut.
Mein Robin war anders: er durfte sich als groß und großartig empfinden, ohne dass er die von mir gestellten menschlichen Regeln verachtet hat. Er war wie ein
Löwe auf zeitweiligem Kuschelkurs.
Falls ich je an einer Demenz erkranken sollte, so würde mir - dann natürlich nicht mehr bewusst - die Erinnerung an seine einzigartigen Charakter-Eigenschaften fehlen.
In unserem Lieblings-Wald gab es einen Weg, der immer irgendwie matschig und voller Pfützen war: den ging er besonders gern, denn dort konnte er Bienchen und mir zeigen, wie man am besten die schlammigsten Stellen umschiffte. Er drehte sich nach jedem dritten Schritt zu Bienchen und mir um, um zu kontrollieren, ob wir ihm - wie vorgeführt - folgten.
Gern habe ich Robin diese kleine Verantwortung überlassen. Er war danach immer furchtbar stolz auf sich selber und wuchs innerlich auf 2 Meter Größe an.
Bienchen war Bienchen. Sie war das liebenswürdigste Bienchen der Welt, ohne dass sie ihre ureigenen Charakterzüge verleugnete:
ohne mich ging sie grundsätzlich nirgendwo hin. Bei Versuchen, sie mit jemand anderem mitzugeben, stampfte sie ihre Pfoten in den Boden und war nicht mehr von der Stelle zu bewegen.
Ich bin froh, dass ich sie niemals - aus Gründen - jemand anderem anvertrauen musste. Nach dem Tod meiner Mutter konnte ich doch hundertmal froh sein,
dass sie mich vollständig akzeptiert hat.
Bei alledem hat Robin mir immer zur Seite gestanden.
Charlie war ein völlig anderer Typ: er war schon alt, als er aus dem Tierheim zu mir kam. Von seinen mir bekannten zwei Vor"besitzern" hatte ihm wohl keiner
irgendeine Art von Eigenständigkeit zugetraut: man hatte ihm stattdessen z. B. beigebracht, zum "Geschäftemachen" auf den Balkon zu gehen -
das hat mir sein Verhalten schnell gezeigt. Und das änderte sich auch nicht, als er regelmäßig und tägliche lange Zeiten draußen beim Spazierengehen verbracht hat.
So sehr ich ihm auch erlaubt hatte, auf die Couch oder ins Bett zu springen: es gelang mir nicht, ihn davon zu überzeugen, dass er das straffrei gedurft hätte. Die Jahre, in denen man ihm solche Dinge abgewöhnt hatte, konnte meine Zeit mit ihm
nicht mehr auffangen und ändern. Er kam nie ins Bett - und ich bin sicher, dass er in hündisch gedacht hat: Ich würde ja gerne ...
Robin war der Held einer Hunderasse, von der wohl kaum jemand annimmt, dass man dort Helden findet.
Bienchen war Bienchen und wurde als geborene Malteser-Hündin schnell zu einer Yorkshire-Hündin durch ihre unnachahmliche Nachahmensfähigkeit.
Charlie war der Buddhist, der liebste Hund der Welt.
Und dann habe ich Momo entdeckt
... und zwar auf der Homepage des hiesigen Tierheims. Schwarz wie die Nacht, ungünstig fotografiert,
aber mit einer Charakter-Beschreibung, die ich bis heute unterschreiben kann.
Eine schwarze Fellfärbung ist natürlich der Horror für alle Laien-Fotografen, die ihr neuestes "Projekt" socialmediatauglich vermarkten wollen. Das ist zum einen ein
Glück für schwarze Hunde, zum anderen scheuen auch Menschen, die nicht auf Social-Media bauen oder sich angewiesen fühlen, verunsichert,
denn schwarzen Tieren sagt der Volksmund nichts Gutes nach.
Aber als ich sie gesehen und ihre Beschreibung gelesen habe, hätte sie auch
blond, gelb oder weiß sein dürfen.
Doch: ich trauerte noch um Charlie - und wollte mir selber gegenüber nicht das Gefühl erwecken, ihn ersetzen zu wollen.
Momo ging mir dennoch nicht mehr aus dem Sinn.
Und ich hatte die sich als unberechtigt herausstellende Sorge, dass mir jemand Momo "wegschnappen" könnte - und hatte selbstverständlich keine Ahnung, wann es bei dem Anblick und der Beschreibung eines Hundes jemals wieder bei mir "klick" machen würde. Ich liebe alle Hunde, aber natürlich muss es auch passen ...
Am Tag, bevor ich bereits eine feste "Verabredung mit Momo" hatte, ging sie viral: das Tierheim veröffentlichte einen Adoptionswunsch, der viele, viele hundert Male geteilt wurde. Auch in einer örtlichen Zeitung wurde nach einem neuen Besitzer für die obdachlos aufgefundene Hündin gesucht.
Darüber war ich ein wenig angesäuert, denn ich war der Meinung, man hätte meine Verabredung abwarten können - aber offensichtlich hatte sich dummerweise und unbeabsichtigt einiges überschnitten.
Nach all diesen Veröffentlichungen gab es nur zwei weitere Interessenten für Momo.
Das Los schwarzer Hunde? Offenbar! Leider! Und ohne jede reale Grundlage!
Mir war schnell klar, dass ich Momo ein neues Für-Immer-Zuhause geben wollte ... nun musste auch noch Momo damit einverstanden sein. Und:
sie zeigte sich einverstanden.
Am 15. Januar 2025 ist sie nun bereits seit 2 Jahren bei mir, und wir sind so dicke miteinander, dass da kein Blatt zwischenpasst - außer, wenn es gerade Leckerchen aus anderen Händen gibt. Und wenn sie ihre abenteuerlichen Abseits-Touren fest einplant und umsetzt.
Wir gehören einfach zusammen, ohne dass ich jemals meine anderen Hunde vergessen werde - oder sie durch Momo ersetzt hätte.
Jeder von ihnen war ein einmaliger Hund, einzig- und großartig.
Und ohne Hund ist das Leben unvollständig.
Guten Tag, Gruß Silvia
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