Henry, Charlie und Momo
Während ich mich täglich als hundelose Hunde-Mama an Silkes Cocker Spaniel Henry erfreut habe, wartete im hiesigen Tierheim bereits Charlie auf mich ... wir wussten nur noch nichts voneinander. Aber das sollte sich schnell ändern, denn Charlie war zwar nicht in der öffentlichen Galerie des Tierheimes zu finden, durch die viele Tiere mit ihren neuen Freunden zusammenfinden konnten,
aber da ein Interessentenbogen meinerseits vorlag, bekam ich eines Tages einen Anruf ... und die Frage gestellt, ob ich Charlie kennenlernen möchte. Sein trauriges Schicksal - er hatte bereits mindestens zum 2. Mal sein Zuhause verloren - rührte mich, aber andererseits war er bereits etwa 11 Jahre alt, wobei seine bestehende Herzkrankheit mich weniger abschreckte als das hohe Alter. Doch nachdem ich ein paar Fotos von Charlie gesehen hatte,
war ich bereit, ihn kennenzulernen. Später konnte ich mein anfängliches Zögern überhaupt nicht mehr verstehen ...
Das vorstehende Video zeigt unser erstes Zusammentreffen im Auslauf des Tierheims. Gleich danach sind wir miteinander spazierengegangen, und ich war schnell gefesselt von diesem wunderbaren Hund, der keinerlei
Aufhebens um sich selber machte, der nichts forderte, der aber im Tierheim einer derjenigen war, der mit der Situation dort massiv überfordert war: er weinte den ganzen Tag, als hätte er damit die kleine Chance, dass jemand auf ihn aufmerksam wird ... andererseits hätte er sich auch in den Tod weinen können. Er fühlte den finalen Glockenklang des Schicksals und spürte, dass ihm die Zeit davonrannte und dass er sich vielleicht an seiner Endstation befunden hat. Trotzdem lernte ich auf ein paar Spaziergängen einen
gechillten, entspannten und lauffreudigen Hund kennen. Wie hätte ich mich nicht für ihn entscheiden können? Dennoch sollte er die Entscheidung treffen, und ich meine, er hat sie mir leise zugeflüstert. Leise, wie es seine Art war. Am
18. Juli 2021 nahm ich Charlie endgültig mit nach Hause - und nachdem er dort noch ein oder zwei Stunden geweint hat, hörte er bis zu seinem
Lebensende mit dem Weinen auf.
Und wenn ich alle, alle Hunde auf der ganzen Welt kennen würde ... könnte ich niemals einen lieberen als Charlie finden. Davon bin ich felsenfest überzeugt und das bezieht auch auf meine verstorbenen Lieblinge Robin und Bienchen mit ein. Niemand war je so lieb wie Charlie.
Sein Abschied vom Tierheim war ein sehr ruhiger. Und ganz anders als später der Abschied von Momo, die mit einem großen Getöse das Heim verließ, ganz so, als würde eine Königin abdanken und in ein neues Leben weiterziehen.
Henry und Charlie
Die beiden Hunde hatten sich bereits während der Spaziergänge, die für jeden Tierheim-Hund eine Vorschrift sind, bevor sie zum Probeschlafen in ein neues Zuhause ziehen - kennengelernt. Zwei Seelenhunde, die schnell die besten Freunde wurden ...
und es war für Charlie gar nicht selbstverständlich, dass er sich überhaupt für andere Hunde interessierte. Allerdings gefiel ihm der gute Henry - und oft genug tobten sie auch miteinander durch die Gegend und teilten sich den Spaß am Leben, um am Ende doppelten Spaß zu haben.
Die meisten anderen Hunde interessierten Charlie nicht - in der Beziehung war er anders als Henry, der gerne mal hier und da einen kleinen Schau-Kampf austragen will.
Charlie interessierte sich auch nur für eine Handvoll Menschen. Auch hierin war er völlig konträr zu Henry, der gerne von jedem Menschen,
den er am unbeachteten Vorübergehen hindern kann, gestreichelt werden möchte.
Charlies Herz
Ich konnte Charlies Herz schnell erobern, und er "erzählte" mir von den Dingen, die er in seiner Vergangenheit nie gedurft hatte, die man ihm abgewöhnt hatte - und auch von den wenigen Spaziergängen seines Lebens. Hunde können durchaus etwas über ihr Vorleben verraten ... man muss nur genau hinhören ... und hinsehen ...
Endlich gab es regelmäßiges Glück in seinem Leben, und das begann natürlich mit täglichen Spaziergängen, die für sein seelisches Gleichgewicht sorgten und ihn rundum zufriedener machten. Und jeden Tag gingen Charlie und Henry Seite an Seite durch den Wald:
fest entschlossen, seiner Herzkrankheit die
Zunge rauszustrecken ... und sie mit Hilfe der verordneten Medikamente ruhig zu stellen, damit er seine neu gefundene Lebensfreude noch lange genießen konnte.
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