Freitag, 8. Juli 2022

8. Juli 2022 - Charlie ist ein Buddhist



Charlie ist ein Buddhist

Oft, eigentlich immer, bedauere ich, diesen gechillten Hund nicht bereits seit seinen jungen Tagen gekannt zu haben. War er in denen ebenfalls der kleine Buddhist und hieß er da auch bereits "Charlie"? - Zumindest seit seinem 2. "Besitzer" hieß er so, und ich habe ihm das einzige gelassen, das ihn an seine Vergangenheit erinnert, weil es für ihn einfacher war. Denn ich denke, dass er in dieser nicht eben hundemäßig gehalten wurde und nicht dauernd zurückdenken muss.

Von seiner 1. Besitzerin weiß ich gar nichts, außer, dass sie verstorben sein soll - und Angehörige ihn ins Tierheim gegeben haben.  Von den zweiten Besitzern habe ich eine kleine Ahnung, denn ich wurde auf Facebook angeschrieben: Charlie lebte seit 2016 mit einem älteren Ehepaar, der Mann soll viel älter als die Frau gewesen sein. Plötzlich verstarb aber die Frau.

Vorher soll sie Charlie oft in den dem Mietshaus ansässigen Garten gelassen haben. Schön und gut, aber das hörte sich für mich an, als wäre dies sein einziger Ausflug in Abenteuer gewesen. Aber wie sollen in einem Garten Abenteuer vonstatten gehen?

Charlie hat mir aus seiner Vergangenheit erzählt, weil ich die Gesten der Hunde verstehe und seine erst recht: er war einsam, er war jemand, der nebenher mitgelaufen ist. Bei mir steht er im Mittelpunkt.

Charlie springt noch immer auf keine Couch oder ins Bett - obwohl er das hier dürfte. Er hängt an mir, er will mich nicht aus den Augen lassen, aber traut sich nicht, einen weiteren Schritt hinauf aufs Bett zu springen. Das Verbot dazu hat sich fest in seinem kleinen Köpfchen und wohl für immer verankert. Sein

großes Geschäft macht er wie es ihm gerade einfällt - und oft auch mitten auf einer Hauptstraße. Leider muss ich ihn dann wegziehen, denn wir wollen ja beide nicht am Ende als traurige Titelseite in einer Zeitung enden.

Auch das spricht nicht dafür, dass er bereits als Welpe das Hunde-Einmaleins gelernt hat, sondern mehr sich selbst überlassen wurde als - auch - durch andere, erfahrenere Hunde zu lernen, was ihm fehlte. Einiges konnte er im letzten Jahr nachholen, anderes lässt sich nicht mehr aufholen ...

Bei alledem ist Charlie der lebende Beweis, dass es den wahren

Buddhismus

gibt. Denn wäre er nicht wie er ist, er wäre schon vor Jahren vermutlich vor Langeweile gestorben. Aber er ist geduldig bis zum Anschlag, liebenswert und lieb, stellt sich lieber hintenan als in den Vordergrund, kann sogar Artgenossen das leckerste Leckerchen gönnen, ist nie biestig, nie bissig, bellt nur im Traum, knurrt nicht einmal, sondern ist die Freundlichkeit selbst in seinem kleinen Hundekörper.

Er ist ein Tibet-Terrier-Mischling - und in dieser Zuordnung ist der Terrier ein Fehler, der sich vor vielen Jahren eingeschlichen hat: denn Tibets sind keine Terrier, sondern Tibet-Apso.

Die Apsos waren vermutlich heilige Tempelhunde im Tibet.

Wikipedia-Auszug:

Heute ist er auch Familienhund, manchmal mit „eigenem Kopf“, lässt sich aber trotzdem gut erziehen, wobei es aber einiger Konsequenz bedarf. Der Tibet-Terrier ist eine gesunde, robuste Rasse mit einer langen Vergangenheit als Gebrauchshund, aus einer rauen und kargen Umwelt. Er ist fröhlich, intelligent und lernwillig, sehr verspielt, anhänglich und kinderlieb, zurückhaltend gegenüber Fremden, aber niemals aggressiv oder streitsüchtig. Zudem erweist er sich als aufmerksamer und zuverlässiger Wachhund.

Aus dieser Beschreibung übernehmen kann ich für Charlie: fröhlich, intelligent, seinem Alter entsprechend begrenzt lernwillig, niemals aggressiv oder streitsüchtig - und Fremden gegenüber sehr, sehr zurückhaltend. Und ich hoffe, dass er auch robust ist ...

Es gibt ein paar Menschen neben mir, die er gerne sieht und die er von Herzen liebgewonnen hat. Die meisten anderen Menschen interessieren ihn nicht. Er würde sie nicht einmal beachten, wenn sie mit dem leckersten Leckerchen aller Zeiten winken.

Ich bin sehr glücklich, Charlie an meiner Seite zu haben und wir uns einfach himmlisch gut verstehen (einer liest die Gedanken des anderen), wenn wir auch ziemlich unterschiedlich gepolt sind.

Der Buddhismus ist eine Religion, die es Menschen nicht einfach macht, ihr wirklich gerecht zu werden. Wir sind eben nur Menschen - und ich selber mache mir aus Religionen überhaupt gar nichts.

Aber Charlie ist der lebende Beweis dafür, dass man buddhistisch sein kann - wenn auch nicht unbedingt dann, wenn man ein Mensch ist ...


Guten Tag, Gruß Silvia 


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