Traum-Tickets
Seit über einem Jahr liegt das öffentliche, lustige und abwechslungsreiche Leben zum größten Teil so brach, dass manch einer sich in der hoffentlich erreichbaren Nach-Corona-Zeit erst einmal wieder in die Normalität zurückgewöhnen muss. Da wird so mancher mehr als nur Anfangsschwierigkeiten haben.
Daher gibt es nun die neue Initiative, wie sich jeder sehr sanft und äußerst behaglich auf dieses lange unbekanntes Leben zurückbesinnen kann:
Ein großer Veranstalter verkauft nun "Traum-Tickets". Die sind angelehnt ans wirkliche, allerdings länger zurückliegende Leben, in der schließlich auch jeder Mensch schlafen und träumen darf, muss, soll.
Durch die Traum-Tickets werden diese nächtlichen Erlebnisse potenziert und stark in die gewünschte Richtung beeinflusst.
So kann jeder die Nacht zum Fest oder zum Event seiner Wahl machen. Unterstützend bekommt jeder Ticket-Käufer den Zugang zu Podcasts, die ihn im Traum auf die richtigen und gewünschten Pfade begleiten. Individuell können sie angepasst werden, kosten dann
aber zusätzlich eine Gebühr pro Nacht.
Einfache Biergartenträume sind derzeit im Angebot, und die Nachfrage wächst und wächst. Galt früher für Träume, dass sie außerordentlich und inspirierend sein sollten,
sind nun (laut des Ticket-Verkäufers) die sonst völlig normalen Erlebnisse in den Träumen erwünscht.
Wer allerdings wünscht, George Clooney oder Johnny Depp in seinen Träumen zu treffen - je nachdem, ob man auf gute oder böse Jungen steht - muss trotzdem tief in die Tasche greifen. Nicht bekannt ist, welche Traum-Tickets Clooney oder Depp bereits erworben haben, aber vielleicht kann das Frau Normal-Verbraucherin dann in ihren Träumen erfahren.
Wer folglich bislang vergeblich auf einen Friseurtermin gewartet hat - kein Problem, in der Nacht ist einer frei. Inklusive Scherengeklapper, Föngeräuschen und der seichten Unterhaltung mit der Friseurin. Allerdings geschehen keine Wunder,
und wer am nächsten Morgen mit einem Moppkopp wach wird, der böser aussieht als der, mit dem er am Abend schlafen gegangen ist, kann sich nicht beim Ticket-Verkäufer beschweren. Derjenige sollte vielleicht eine kleine Traum-Zeit in der Whisky-Lounge eines Top-Hotels buchen, damit der eingebildete Kater den Schock über die morgendliche Frisur übertüncht.
Manch einer möchte nur von dem Geld träumen, das ihm während des Lockdowns flöten gegangen ist - auch dieser Traum-Wunsch ist zu erfüllen. Leider kann sich niemand von diesem Geld etwas kaufen. Es gehört dem Träumer nur für die Weile seines Traumes. Shit happens.
Ebenso sind andere Alltagsgelegenheiten buchbar: ein Besuch in einem Schwimmbad, Shopping bis der Geldautomat Alarm schlägt, und wer unbedingt mag,
kann sogar auf die letzte Beerdigung gehen, die er coronamäßig nicht besuchen durfte. Den Wünschen sind also keine Grenzen gesetzt,
nur der Wirklichkeit.
Die Preise für die Traum-Tickets sind gestaffelt nach den jeweiligen Bedürfnissen - und selbstverständlich kostet ein Johnny Depp, ein Friseurbesuch oder eben auch eine Beerdigung mehr als
ein Shopping-Erlebnis.
Wer allerdings diese Traum-Tickets nicht rechtzeitig bezahlt, dem drohen Albträume ... aber an die sind viele schließlich seit Lockdown-Zeiten ohnehin gewöhnt.
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