Gemalt von B. G. |
Der beste Freund - als ein "kaputtes" Wort
Sprache verändert und erweitert sich konstant, und manch ein Unschuldiger im eigentlichen Sinne, weil unwissend, steht plötzlich im Fokus seiner Umwelt als einer, der mit der neuen sprachpolizeilichen Verordnung noch nicht klargekommen ist. Er wird schief angesehen und darauf hingewiesen, dass er kaputte Wörter benutzt, die längst zu Grabe getragen worden sind - und deren Nutzung von schlechten Manieren erzählt. Wenn es gut geht - wenn es nicht gut geht, wird er als ewig Gestriger abgestempelt oder als einer, der am Rande vergessen wurde.
Natürlich ist hier bereits mein "Er wird schief angesehen" ein großer Fehler, denn ich habe nicht gegendert.
Mittlerweile gibt es eine "Kaputte-Wörter-Sammlung". Ein Autor und Sprachwissenschaftler hat diese in einem Buch zusammengetragen ...
Eines davon habe ich mir herausgepickt, und obwohl es gerade erst in den USA als ein "kaputtes" Wort die Runde macht, ist davon auszugehen, dass diese Welle gegen den "besten Freund" auch zu uns hinüberschwappt.
Die amerikanische Kinderpsychologin Barbara Greenberg kritisiert, dass viele Kinder unter Minderwertigkeits-Komplexen leiden, weil ihnen dieser "beste Freund" fehle. Mehrere britische und amerikanische Grundschulen führten darum neue Richtlinien ein, die den Kult um den "besten Freund" untersagen. Greenberg bezeichnet diese Richtlinien als ein faszinierendes Experiment ...
Ein bester Freund ist das Juwel unter allen Freunden. Spaß haben und Freude kann man mit allen seinen Freunden, aber mit dem besten Freund teilt man die tiefen inneren Gedanken, die sich
auch entschieden gegen dieses selten seltsame Experiment richten könnten.
Zudem gehen die Kinder ja nicht hin und posaunen ständig heraus, wer ihr bester Freund ist. Auch diesen bezeichnen sie in der Regel als Freund ... und das "bester" kristallisiert sich erst im Miteinander heraus.
Wir alle wandern auf ganz dünnem Eis. Wer mehr schreibt, ist gefährdeter, hier vollends einzubrechen. Wenn schon ein Begriff wie dieser Einzug auf die No-Go-Liste hält, ist niemand mehr sicher vor eigenen sprachlichen Entgleisungen, so unbedarft sie auch herausposaunt werden mögen.
Es ist ein großes Glück, einen besten Freund zu haben (oder eine beste Freundin) - und in meinem ganzen Leben habe ich noch nie jemanden getroffen, der daran Anstoß genommen hätte.
Vielleicht sind die Kinder heute sensibler? Schonungsbedürftiger? - Gerade Kinder müssen lernen, dass sie nicht immer und überall die Erste Geige spielen können. Sie müssen - und können - auch lernen, dass ihr guter Freund nicht ihr bester ist, weil er bereits einen anderen besten Freund hat.
Manchmal kann man nur noch mit dem Kopf schütteln und versuchen, die Sprachpolizei abzuschütteln ... völlig ignorieren geht auch.
An jedem Tag ein neuer Erster-April-Moment.
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