Samstag, 29. Januar 2022

29. Januar 2022 - Die verlorenen Stimmen ...




Die verlorenen Stimmen ...

Man erwacht aus einem Traum und versucht sich krampfhaft, an ihn zu erinnern ... mal greift man in Gedanken ein Stück des Inhaltes, aber das Detail verschwindet sogleich wieder ... die Erinnerung ist dahin. Das einzige, was man noch weiß, ist, dass der Traum wunderschön war.

Ebenso ergeht es mir mit den Stimmen meiner verstorbenen Lieben. Es gibt Momente, da glaube ich, sie im Ohr zu haben,

aber dann verflüchtigen sie sich wie im Nebel.

Ich bin sicher, jede einzelne Stimme unverzüglich und irrtumsfrei zu erkennen, wenn die Betreffende oder der Betreffende zu mir sprechen würde ... was natürlich nicht passiert. Aber warum bekomme ich diese Stimmen

nicht in meine Gedanken hinein? 

Insgesamt erkenne ich Stimmen viel eher wieder als Gesichter, und das bezieht sich auf alle Menschen: manche, denen ich flüchtig begegne und ein paar Worte mit ihnen wechsel, andere, die ich im TV sehe, deren Gesichter mir aber nichts sagen ...

Die anderen Äußerlichkeiten vergisst man nicht. Das mag aber auch daran liegen, dass man Fotos von ihnen besitzt ... würde man ohne diese auch ihr Aussehen vergessen?

Und wieviel Ähnlichkeiten und mit wem (ohne Fotos) würde ich dann in einem Spiegel entdecken?

Ein paar Stimmen habe ich in Video-Kamera-Filmen konserviert, aber ich müsste mir die Kassetten überspielen lassen ... und genau das möchte ich nicht. Filme zeigen einem viel deutlicher, was man verloren hat,

als dies Fotos können.

Die mir noch etwas präsentere Stimme ist die meiner Mutter, die in 2010 verstorben ist: es ist vielleicht auch eine Zeitfrage, wie lange es her ist, als man diese Stimme zuletzt gehört hat.

Ich höre ihre Stimme in meinem Kopf immer wieder mal, wenn ich mich darauf konzentriere, nicht einfach aus dem Blauen, aber aus dem Bedürfnis heraus, sie für einen Moment zurückzuholen.

Die meisten anderen Stimmen habe ich gänzlich und wohl für immer verloren. So wie ich auch die meiner Mutter  eines Tages nicht mehr erinnern werde. - Wie klangen mein Vater, mein Bruder, mein Onkel, meine Oma oder meine Freundin Inge, die sich - so jung - das Leben genommen hat? Ich wollte, ich würde diese Stimmen

noch einmal hören dürfen.


Guten Tag, Gruß Silvia 

 

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