Montag, 19. September 2022

18. September 2022 - ARD - Tatort Stuttgart: "Der Mörder in mir"


Thorsten Lannert: Richy Müller
Sebastian Bootz: Felix Klare
Ben Dellien: Nicholas Reinke
Laura Rensing: Tatiana Nekrasov
Johanna Dellien: Christina Hecke
Dr. Daniel Vogt: Jürgen Hartmann
Marlene Teichert: Julia Dorothee Brunsch
Helen: Pina Kühr
Kurt Mader: Ulrich Cyran
Silke Köster: Celina Rongen

Kamera: Stefan Sommer
Buch und Regie: Niki Stein


Tatort Stuttgart
Der Mörder in mir

Ein Obdachloser schiebt sein nicht beleuchtetes Fahrrad samt all seiner Habe durch die Dunkelheit. Spätestens an dem Ortsschild  Elend hätte er vielleicht umkehren sollen, denn einen Moment später greift das geballte Elend in das Leben einiger Menschen ein:

der erfolgreiche Anwalt Ben Dellien, der auf vielen Hochzeiten tanzt und einen neuen Karrieresprung zum Greifen nah vor den Augen hat, sitzt in seinem SUV, um nach Hause zu fahren, aber ein einziger Moment der Unachtsamkeit stellt alles in Frage - auch die eigene Moral.

Es rumst, es knallt, Ben hält an, steigt aus dem Auto und redet sich ein, er hätte eine Kollision mit einem Wildschwein gehabt. Dem widerspricht sogleich die in diesem Film magische Mütze mit der Aufschrift "Foxy". Sie klebt an seinem Heck, und er verstaut sie im Kofferraum. Eigentlich ist das sein größter Fehler, um zeugen-unentdeckt zu bleiben ...

Was geht in diesen kurzen Minuten durch Bens Kopf? Auch einen Wildunfall müsste er melden ... aber zugunsten seines perfekten Lebens verzichtet er auf jegliche Meldung.


Das Opfer

wurde von allen wegen seiner Mütze Foxy genannt. Die Straße, auf der er seinen Tod findet, führt zu dem Friedhof, auf dem sein Sohn liegt. Dieser war bereits mit 11 Jahren an Leukämie gestorben - und würde nun 30 Jahre alt. Dessen Tod hat ihn ursächlich auf die Straßen verschlagen,

obwohl er damit auch seine Tochter, die damals kaum älter als 11 Jahre war, mit ihrer bipolaren Mutter allein gelassen hat.

Auch das ist eine Art von Schuld.

Für die Zuschauer ist diese Unfallflucht natürlich moralisch erschwerend, weil Foxy auf sentimentalen Trauer-Wegen unterwegs war.

Hinzu kommt, dass Foxy hätte gerettet werden können, denn er verblutete am Unfallort qualvoll in mehreren Stunden.


Die magische Mütze

fällt schließlich in Lauras Hände. Sie arbeitet in der Waschstraße, in der Ben sein Auto säubern lässt  - und bevor sie Bens Kofferraum schließt, greift sie danach und nimmt sie an sich ... eigentlich völlig ohne Sinn und Grund.


In der Folge

überschlägt Ben sich mit seinem Unfallwagen - ob aus einem weiteren Unfallgeschehen heraus oder aus einem  Kalkül mit einem gewissen Risiko-Faktor fürs eigene Leben - die Szene ist so schnell vorbei, ich kann es nicht feststellen. Er hat lediglich ein Schleudertrauma.

Da er und viele, viele andere Autofahrer zum Unfallzeitpunkt nahe "Elend" in eine Radarfalle geraten sind - wird er als SUV-Fahrer vorrangig überprüft. Alle anderen Geschwindigkeits-Sünder werden nicht befragt? Sieht so aus. Ist unprofessionell von den Ermittlern.

Von Anfang an umkreisen die beiden Kommissare den erfolgreichen Anwalt, der viel zu verlieren hat - und doch gar nichts verloren hätte,

wenn er den Unfall sofort gemeldet hätte.

Schließlich zündet Ben auch noch seinen Totalschaden-Wagen an, der auf einem Schrottplatz steht. Denn der sollte am nächsten Tag von der Kriminaltechnik untersucht werden ...

Wie dumm kann eigentlich jemand sein, der Jura studiert hat, erfolgreich in seinem Beruf ist und dem nichts Fremd-Kriminelles unbekannt sein dürfte?


Laura

kann schnell Eins und Eins zusammenzählen - und weiß durch den Mützenfund, dass Ben, dessen Sohn mit ihrem 11jährigen Sohn in eine Klasse geht, den Wohnungslosen überfahren hat.

Warum sie nicht unverzüglich ihren Fund der Polizei zur Kenntnis gibt, bleibt im Dunkeln. Weder will sie Ben erpressen noch lässt sich ein anderes Motiv außer dem "ich wollte, ich wüsste von all dem nichts ..." finden.


Johanna Dellien

ist die Ehefrau von Ben und viel nervenstärker und kälter als er selber. Sie verhindert, dass er sich im Nachhinein stellt ... der Schutz ihrer Familie und der Schutz des komfortablen Lebens steht für sie im Vordergrund. Sie nimmt sich Laura "zur Brust" - und am Ende landet diese als Sekretärin in der Kanzlei, in der Ben bald Partner werden soll ... 


Fazit

Die Erkenntnis, dass es jedem Autofahrer durch unglückliche Umstände wie Ben ergehen könnte, wird gemischte Gefühle für Opfer und Täter hervorrufen. Aber insgesamt ist es trotzdem viel einfacher und kein Seelenblockierer, einen Unfall zu melden als unüberlegt vom Unfallort zu verschwinden. In diesem Fall hätte die Meldung ein Menschenleben retten können ...

und, wenn man so will, auch das gute Leben von Ben. Er ist kein brutaler Mörder, sondern einer, der einen Fehler begangen hat und den durch Vertuschung stetig größer macht.

Am Ende gibt Ben zu, dass er geglaubt hat - und bleibt bei seinem "Wunschtraum" - ein Wildschwein überfahren zu haben. Angeblich gäbe es bei dieser Sachlage nur eine mindere Strafe in Form einer Geldbuße und ein paar Monate Führerscheinentzug? Greift hier nicht die Regel "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"?

Und Laura schweigt weiter, auch, als sie in die Polizei-Mangel genommen wird.

Ein reichlich offenes Ende, das sich jeder Zuschauer nun selber zurechtbiegen kann.

Von hier gebe ich 3,5 von 5 möglichen Sternen.


Guten Morgen, Gruß Silvia 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen