Freitag, 20. Januar 2023

20. Januar 2023 - Midsomer (Inspektor Barnabys Revier) - Alibi-Prophylaxe



Midsomer (Inspektor Barnabys Revier) - Die Alibi-Prophylaxe

Rose McMurphy war ein riesiger Fan der Midsomer-Gegend. Sie war fasziniert von der einzigartigen Natur, die in Mooren und Seen und Flüssen ihre Höhepunkte hatten, aber auch von der oft feinen und sehr spezifischen  englischen Art in diesem Bezirk. So entschloss sie sich eines Tages, von Liverpool nach Badgers Drift in Midsomer-County überzusiedeln. Sie könnte den Bezirk ein bisschen aufmischen ...

Natürlich wusste sie von der Gefahr, die von diesen verschachtelten Orten ausging: es wurde viel gemordet in Midsomer. Es war also ein potenziell gefährliches Pflaster. Trotzdem überwogen für Rose die Vor- gegenüber den Nachteilen, und sie kaufte sich ein kleines schnuckeliges Häuschen, vor dem die Rosen bereits blühten, als sie einzog. Der Duft stieg in ihre Nase ... und erinnerte sie daran,

dass auch bereits der dunkle Duft eines nächsten Mordes in der Luft hing. Aber zunächst überwog die Freude, in ihrer Traum-Landschaft leben zu dürfen.

In der folgenden Zeit trat sie dem örtlichen Kirchenchor als Sopran-Vervollständigung bei, dem "Häkel-Club der fröhlichen Witwen", einem Koch-Club, und sie traute sich sogar in den Verein für "Jenseits-Fragen und Antworten". Damit waren ihre Renten-Tage gut ausgefüllt. Würde es ihr dennoch einmal langweilig werden, könnte sie in weitere Vereine eintreten. Nirgendwo war die Interessen-Palette so gut abgedeckt wie in Midsomer.

Aber Rose McMurphy war kein leichter Brocken für ihre Mitmenschen. Schnell machte sie sich im Kirchenchor Feinde, weil sie mit ihrem Sopran nicht homogen unterwegs war, sondern es auf die Solisten-Parade abgesehen hatte. Sie sang sich die Kehle aus dem Leib und hatte  ansonsten allzu lockere Sprüche parat, die meist unfreundlich waren.

Als die Damen und Herren des Koch-Clubs sich entschieden, Haschkekse zu backen - drohte sie ihnen unverhohlen mit einer Anzeige. Die wollte sie direkt vor Inspektor Barnabys Schreibtisch aussprechen.

Im Häkel-Club entdeckte sie einige potenzielle Mordopfer: die meist älteren Damen schienen alle ein schweres Päckchen an familiären Missständen mit sich herumzutragen - und ließen ihren Frust an der Wolle aus, in die sie munter Masche für Masche hineinstechen konnten.

Sehr heikel wurde es im Verein "Jenseits-Fragen und Antworten": eine Frau sah bereits den nächsten stattfindenden Mord voraus ...

Nach einem anfänglichen positiven Neu-Bürgerinnen-Bonus bekam Rose schnell das Label "Intrigante Gewitterziege" verpasst - so gut wie niemand mochte sie. Sie galt zu recht als bösartig, intrigant und hinterhältig und zu allem fähig.

Diese Prädikate blieben auch Rose nicht verborgen. Die Leute trauten ihr also das Ungeheuerlichste zu: einen Mord.


Die Alibi-Prophylaxe

Rose war gewieft, und sie wusste, wie schnell manchen Leuten in Midsomer ein Mord von der Hand ging. Einfallsreich waren sie alle in den Mitteln ihrer Mord-Instrumente - und auch Rose hatte in Gedanken schon mal die Heckenschere als tödliches Werkzeug bereitgelegt: aber sie würde sich die Finger auf keinen Fall schmutzig machen.

Lieber verbreitete sie weiterhin lebendige Gift und Galle, als sich einmal an einem Mord gütlich zu tun und zu erfreuen.

Allerdings war ihr klar, dass sie für den Fall der Fälle, dass ein Mord in ihrer Umgebung passierte, gewappnet sein musste: sie brauchte ein Permanent-Alibi. So etwas wie ein Permanent-Make-up, nur viel ausgeklügelter und natürlich auch teurer.

Im Internet wurde sie fündig: dort bot eine Alibi-Agentur ihre Dienste an. Und da sie in Midsomer lebte, waren die Alibis nicht für eventuelle Fremdgänger gedacht, sondern tatsächlich für Leute, die unter Umständen und bei Mord in direkten Tatverdacht kamen.

In dieser Agentur engagierte Rose Alibi-Sitter. Zu ihrem Glück war Rose vermögend, um 24 Stunden eines jeden Tages finanziell abdecken zu können. Fortan begleiteten sie drei Frauen im Wechsel rund um die Uhr: Lissy, Joan und Agatha.

Rose fühlte sich safe. Ihr konnte niemand etwas anhängen, was bislang zwar noch nicht passiert war, aber jederzeit passieren könnte.


Das Ende

kam unweigerlich, und in Midsomer ist es meist ein bitteres mit dem faden Geschmack von Mord. Lissy, Joan und Agatha waren nach einem Monat ihrer Tätigkeiten für Rose mit ihren Nerven am Ende. Nach ihren jeweiligen Schichten brachen alle drei weinend in sich zusammen.

Lissy mischte Rose Gift ins Essen.
Joan schlug ihr mit einem Kreuz, das sie vorher in einer Chor-Kirche hat mitgehen lassen, von hinten auf den Kopf.
Agatha nahm eine von Roses Häkelnadeln und stach ihr durch die Ohren direkt ins Gehirn.
Alle drei sangen ihr ein Abschieds-Halleluja.

Die drei Frauen beriefen sich auf Notwehr.

Und damit Inspektor Barnaby erst gar nicht auf die Idee von Morden kam, hatte sich im Ort eine Initiative gebildet, die sich  "Freiheit für Lissy, Joan und Agatha - Freiheit für Notwehr" nannte.


Guten Tag, Gruß Silvia


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