Freitag, 13. Januar 2023

13. Januar 2023 - Henrys Treue



Henrys Treue

nach einem sicher harten Leben als Straßenhund in Rumänien, und obwohl nicht bekannt ist, ob er jemals einen menschlichen Freund hatte, kam er vor zwei Jahren am 16. Januar nach Deutschland zu Silke. Wochenlang hatten sie und ihre Tochter Iris nach einem Hund aus dem Tierschutz gesucht, bis sie auf Henrys Foto und die dazu gehörige Beschreibung stießen. Henry hat nur drei und ein halbes Bein. Niemand weiß, ob er einen Unfall gehabt hat - oder dies eine Fehlleistung der Natur ist.

Es sei mal dahingestellt, dass dieser Tierschutzverein nichts dagegen einzuwenden hatte, dass Henry fortan in Deutschland mehrmals täglich ein paar mehr Treppen als ihm guttaten überwinden musste - war er auch nicht kastriert.

Eine Kastration sollte vorrangig sein, schon, um einer vom Tierschutz ungewollten Vermehrung vorzubeugen.

Inzwischen ist Silke nach langer Suche mit Henry umgezogen - und das Haus verfügt über einen Aufzug, der auch Bedingung war und die Suche erschwert hatte. Geht man mal davon aus, dass es heute ohnehin nicht

leicht ist, eine neue Wohnung zu finden.

Für sein linkes Hinterbein hat Henry schon lange eine Teilprothese.


Henry, der Kommunikative

Seit seinen ersten Tagen in Deutschland kenne ich Henry, und wir haben unzählige gemeinsame Waldspaziergänge gemacht, so dass auch er mich gut kennt. Ich werde von ihm auch stets freudig begrüßt, aber das ist eine Gemeinsamkeit, die ich mit vielen Passanten habe:

Unterwegs drängt Henry sich gern jedem Fremden auf, der ihm einen freundlichen Blick und Augenkontakt schenkt, was er wiederum für eine Aufforderung hält, sich zu ihnen zu begeben und sich kraulen zu lassen. Er liegt immer richtig und wird viel fremdbekuschelt.

Dass Silke, Iris und auch mir diese sehr kommunikative Eigenschaft nicht so wirklich gefällt, kann man sich vielleicht denken, aber Henry ist ein eher unabhängiger Charakter, der es versteht, seiner Hunde-Mama und Hunde-Schwester auf den Köpfen herumzutanzen ... Silke liebt ihn abgöttisch. Ihre Tochter ebenfalls. Da misslingen schon mal Erziehungsversuche ... und über kleine Fehler wird wohlwollend hinweggesehen.


Henry ist jedoch eine treue Seele

Vor ein paar Tagen hatte Silke einen wichtigen Termin, zu dem sie Henry nicht mitnehmen konnte, und auch Iris war unabkömmlich  - und so mussten für Henry seine Siebensachen gepackt werden, und er kam für 24 Stunden zu mir.

Obwohl ich mir nicht nur einbilde, dass er mich sehr mag - schien ihm das jedoch gar nicht recht zu sein. Er bockte schon vor dem Aufzug in Silkes Haus, er bockte vor dem Einsteigen ins Auto - und vor dem Aussteigen wieder. Ich musste den recht schweren "Brocken" aus dem Auto rausheben und ihn mit sanfter Gewalt in meine Wohnung zwingen,  - zuvor ebenfalls in einem Aufzug. Erst in der Wohnung habe ich ihn abgeleint und abgegurtet.

Sofort entdeckte er Charlies Hundebett im Wohnzimmer (ich war noch nicht fähig, dieses wegzuräumen) und ließ sich dort nieder. Es war vielleicht der Geruch seines Freundes, der dem Bett noch immer anhängen könnte, der ihn ein wenig beruhigte ... und ein paar Leckerchen als Zugabe taten erst einmal ihr Übriges. Erst einmal ...



Er legte sich auf den Rücken und ließ sich von mir den Bauch kraulen. War dies eine Aufforderung, mich auf Mitleid zu trimmen und ihn schnell nach Hause zurückzubringen? Ich weiß es nicht und dichte hier menschliche Regungen hinein, die vermutlich nicht passen. Aber irgendwie dennoch passen.

In den nächsten Stunden wurde jedoch klar und deutlich: er hat blankes Heimweh. Genau solch eines, wie es auch Menschen empfinden. Aber Menschen kann man jede Situation erklären, einem Hund leider nicht.

Der verfressene Henry (typisch Cocker-Spaniel) ließ von seiner ersten Futterportion einen Rest übrig, seine zweite rührte er erst gar nicht an. Offenbar sank seine Hoffnung, dass ich ihn zurückbringen würde, von Stunde zu Stunde.

Am Abend kam Durchfall hinzu, der noch bis zum nächsten Morgen andauerte.

Und er weinte hin und wieder, und der Klang seiner Töne war mitleiderregend.

Für die Nacht holte ich in meinem Schlafzimmer Charlies Zweitbett wieder heraus - und Henry nahm auch dieses an. Aber die Schlafmütze Henry wanderte hin und her und zurück aufs Bettchen und schlief wohl erst gegen Morgen vor lauter Trauer-Erschöpfung ein. Etwa eine halbe Stunde lag er auch in meinem Bett: ein weiterer Bestechungsversuch?


Zurück nach Hause

Gerade zurückgekommen von einem Waldspaziergang am nächsten Morgen klingelte mein Handy und kaum von seinem Gurt befreit, bekam er ihn auch schon wieder umgeschnallt (er muss gedacht haben, ich sei verrückt), denn der Anruf kam von seiner geliebten Hunde-Mama:

ich konnte den traurigen Henry zurückbringen.

Das Glück, Silke wiedergesehen zu haben, konnte man an seinen Augen sehen.

Er begrüßt mich weiterhin freudig grummelnd, aber leben möchte er nur bei seinem Frauchen, das ihn von einem elenden Leben in Rumänien befreit hat.

Dieser kleine tote-Mäuse-Fresser weiß genau, was er will: ein warmes Plätzchen bei Silke. Dort klappt auch das gierige Cocker-Fressen wieder einwandfrei.


Guten Tag, Gruß Silvia  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen