Samstag, 27. März 2021

27. März 2021 - (Corona)-Interview mit mir selber




Interview mit mir selber


Es ist drei Jahre her, dass du dir ein eigenes Interview gegeben hast. Wie geht es dir inzwischen?

Ich bin drei Jahre älter geworden, aber wenn jemand weise sein will, überlasse ich ihm gerne diesen Posten.

Ich bin nicht schlauer als vor drei Jahren, höchstens ratloser als jemals.


Was macht Corona mit dir?

Lass mich ein Weilchen überlegen, stell mir zuerst andere Fragen. Ich muss mich sammeln.


Ich bin ja du und du bist ich, was also soll ich fragen?

Du könntest mich fragen, wen ich vermisse - und wem ich es gönne, in diesen schwierigen Zeiten nicht mehr bei mir zu sein.


Ich kenne dich zu gut, also wirst du deine Oma vermissen

Wenn ich an sie denke, und das ist täglich, fallen mir all die eitlen Geschöpfe ein, die vermuten, sie seien die Nabel der Welt. Meine Oma hat bewiesen, dass sie der Nabel unserer Familie war ... und somit war sie auch ein Nabel der Welt.

Ich bin froh, dass sie diese Zeit nicht mehr erleben muss, nachdem sie,

1902 geboren,

bereits den 1. Weltkrieg, die Spanische Grippe und den 2. Weltkrieg hinter sich gelassen hatte.

Ich bedauere zutiefst, dass ich sie viel zu wenig gefragt habe. Allerdings hat sie niemals geklagt, was ich im Nachhinein und angesichts der Pandemie immer weniger verstehe ... vermutlich wollte sie mich nicht belasten.


Und wer bist du?

Kein Nabel. Kein Bindeglied zwischen einer Familie. Eine kinderlose Frau, die obendrein noch nicht einmal Kinder wollte. Meine Oma mit ihren eigenen drei Söhnen und zwei Enkelkindern war vielleicht der einzige Mensch auf dieser Welt, der mich diesbezüglich (trotzdem) verstanden hat.


Was macht Corona mit dir? Ich lasse schließlich nicht locker.

Ich lerne nun jede Menge ratloser Leute kennen, und die regieren die Länder und die Republik. Sie scheinen sich in einem Probierstadium zu befinden, ganz so wie kleine Kinder, die mal dieses und mal jenes austesten, um am Ende durch Erfahrung zu lernen.

Angewandte erlernte Erfahrungen sehe ich in der Politikszene allerdings trotzdem nicht.

Die tapern wie blind durch die Pandemie: ich stelle mir das so vor, dass jeder bei einer erneuten Konferenz  ein Zettelchen schreibt, wie er sich eine Eindämmung des Virus vorstellt - und am Ende wird das Zettelchen der Kanzlerin gezogen.


Das ist aber schon eine Unterstellung

Das interessiert doch ohnehin niemanden, was ich oder andere irgendwem unterstellen. Vor allem hört ja niemand auf uns.  Manchmal sprudelt es eben nur so aus mir heraus, meistens bin ich eher sprachlos.

Ich fühle mich oft wie eine Erstklässlerin in früheren Zeiten, die man in eine Ecke gestellt hat. Und mit mir die ganze Klasse.


Was machst du gerade?

Ich halte mir Ohren und Augen zu. Ich möchte eine Weile nichts mehr von all dem mitbekommen. Sonst werde ich noch mein Porzellan an der Wand zerdeppern.

Und wo soll ich dann neues Porzellan herbekommen, wenn ich es nicht online bestellen möchte, sondern vor Ort kaufen will?


Danke für das Interview. Ich finde dich heute sehr anstrengend.

Gern geschehen. Nein, nicht für das Wort  "anstrengend", sondern dass du mir ein paar Fragen gestellt hast, die ich so gut wie möglich beantwortet habe.

Als anstrengend empfinde ich mich nämlich überhaupt nicht. Eher bin ich noch zurückhaltend.

Vielleicht können wir in einem oder zwei Jahren mal wieder öffentlich miteinander reden - falls wir bis dahin einen Schritt weiter sind. Für heute

wünsche ich allen


einen schönen Tag, Gruß Silvia 


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