Samstag, 17. März 2018

17. März 2018 - Gedanken zu den 1950er Jahren anhand des Mehrteilers "Ku'damm '56"

Gedanken zu den 1950er Jahren
anhand des Mehrteilers

Ku'damm '56

Schnell runterzählen: 60 Jahre, 50 Jahre, 40, 30, 20, 10 Jahre - und im Jetzt und Hier ankommen. Es hat sich in diesen für die Welt-Geschichte wenigen Jahren vieles verändert - dass vor allem die Emanzipation der Frauen nicht völlig ergebnislos ist, sieht man anhand dieses Mehrteilers deutlich.

In den 50er Jahren wurde eher auf dem "Standesamt promoviert" anstatt in der Universität. Es war immens wichtig, verheiratet zu sein - und sei es auch (wie im Film) unter gewissen Umständen mit dem eigenen Vergewaltiger. Getrieben von einer ehrgeizigen Mutter gibt Monika diesem Begehren beinahe nach und jubelt dem Geläuterten fast das Kind eines anderen unter. Denn wenn Frauen schon tolerieren müssen, was Männer ihnen aufbürden, so haben sie zumindest diese eine Macht, ihnen ein Kuckucks-Kind als eigenes in die Wiege zu legen. Ledige Mütter stehen am Rande der Gesellschaft.

Wie auch Homosexuelle. Im Film ist Monikas Schwester Helga mit einem Juristen verheiratet, der schwul ist. Er ist bei einem "Irrenarzt" in Behandlung, der ihm diese "Krankheit" austreiben soll.

Ursächlich sieht der Arzt die Homosexualität in z. B. einem Schlag auf den Kopf begründet. Er empfiehlt seinem "Patienten" eine - heute sagen wir dazu Borderline - Therapie, die bei lustvollen Begierden die Selbstverletzung empfiehlt.


Zum Glück fällt das irre Wort "Irrenarzt" in unserer Zeit  komplett weg, obwohl es damals für viele Ärzte dieser Fachrichtung durchaus treffend war. Doch sie wussten es anscheinend nicht besser, und wandten sogar noch Elektroschocks an.

Hat man in den 1950er Jahren wirklich geglaubt, Homosexualität sei eine Krankheit? Schwer nachzuvollziehen, weil wirklich noch nicht so viele Jahre seitdem vergangen sind - was werden eines Tages unsere Nachfahren über unsere Vorurteile und festgefahrenen Meinungen äußern, die wir heute für relevant und richtig halten,

obwohl sie vielleicht nur zeitgetreu sind?

Auch der "Irrenarzt" im Film ist ein Kind seiner Zeit - und hat schon für die Nazis viel Nicht-Wissen angewandt. Eine Zeit, die an den 50ern  ziemlich dicht dran ist und Ausläufer auf dieser Seite kennt wie auch die auf der anderen: Den Opfern der Nazis.

Finger in allen Wunden!

Unterdessen litten viele Schwule unter Schuldgefühlen ob ihrer sexuellen Ausrichtung. Nach dem Motto: Wenn alle sagen, dass es nicht normal ist ... dann ist das auch nicht normal. Helgas schwuler Film-Ehemann denkt sogar an Kastration - während sie "wegen der Leute" an einer Ehe festhalten will, die keine ist.

Gut, dass wir heute einen Schritt weiter sind, auch, wenn noch viele Schritte vor uns liegen, die wir gehen müssen,

um uns endgültig von den 50er Jahren unserer Eltern und Großeltern verabschieden zu können.

In denen war es in etwa so:

Vergewaltigung in der Ehe: Unbekannt!
Rebellion einer Frau: Hysterie!
Erlaubnis des Ehemannes nötig, um berufstätig zu sein.
Kerle vs. Weibchen: unterstützt von der Gesellschaft zugunsten der Männer, auch von vielen Frauen.

Fußballer verdienen noch keine Millionen. BigSmile.
Viele Gründe für Befreiungsschläge von Frauen!

Auch Männer sind "Produkte" ihrer Generation, und wenn ihnen die zuerkannte Vorherrschaft so leicht in die Hände spielt ... nutzen sie diese.

Es war eine Zeit der diffusen Moral, ohne im Innern moralisch zu sein.

Heute sind wir freier - aber verbesserungswürdig ist die Welt allemal.


Ein paar Dinge sind jedoch auch ziemlich erfreulich an diesen Jahren: Dazu zählt die Mode. Und für Monika der Rockn'Roll. Sie ist eine begeisterte Tänzerin,

obwohl sie in einer Hauswirtschaftsschule lernen sollte, eine begeisterte Ehefrau zu werden.

Hoffnungsvoll für die Zukunft, die nun Gegenwart ist, gab es  damals bereits Frauen, die sich diesen Normen nicht unterworfen, sondern eigene Wege beschritten haben.

Als künftige ledige Mutter hatte Monika auch keine andere Wahl, als sich von dem eigenen prägenden Jahrzehnt zu befreien.

Wie ihr Leben weitergeht, wird ab dem 18. März 2018 in einem folgenden Dreiteiler erzählt, der Ku'damm '59 heißt. Ob immer noch über allem die Mutter thront, die nicht nur ihre Tanzschule, sondern vor allem die drei Töchter orchestriert, werden wir erfahren.


Guten Tag, Gruß Silvia


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