Samstag, 3. August 2024

3. August 2024 - Philippe und ich


Philippe und ich

Unsere gemeinsame Geschichte war intensiv, kurz, losgelöst von allem Drumherum, aber sie war ohne Happy End, denn sie hatte nicht einmal ein wirkliches Ende, weil sie jäh von meinen  aus heutiger Sicht unberechtigten - Gewissensbissen unterbrochen worden ist.

Obwohl diese unvergessene Story Potenzial hatte, das aus ihr mehr hätte entstehen können, wurde am Ende gar nichts daraus. Wie aus so vielen hoffnungsvollen Geschichten nichts wird, obwohl sie die besten aller Anfänge nehmen, und das heißt so viel, als wären sie im wahren Sinne des Wortes eine Liebe auf den ersten Blick gewesen, die dann

in der schnelllebigen Zeit unter die Räder gekommen ist.

Ich hatte vor kurzem über meine einzige Liebe in dieser Größenordnung erzählt - und Philippe kam ihr ein paar Jahre später als einzig weitere bis heute sehr nahe.

Dennoch war unsere Begegnung zu kurz, zu überwacht, zu different ... denn er sprach damals kein Deutsch oder kein Englisch -

und ich kaum ein paar Worte Französisch.

Er ist nämlich Franzose.


Vorankündigung

Mein damaliger Freund - heutiger Ehemann - war zu der Zeit als Musiker unterwegs. So hatte ich ihn kennengelernt, und dieses Kennenlernen ist eine völlig andere Geschichte, die ich vielleicht in ein paar Jahren mal erzähle, so wie ich auch

Jahre gebraucht habe, um diese rund um Philippe und mich zu erzählen.

Damals war mein heutiger Mann zu TV-Aufnahmen im Hessischen Rundfunk in Frankfurt - und als er mich anrief, erzählte er mir von Philippe, von dem er annahm (er war damals sehr eifersüchtig, heute nicht mehr - denke ich), dass er

mir sehr, sehr gefallen würde. Er war einer der Stars der Sendung - und ich war geplant auf dem Weg von Dortmund nach Frankfurt. Weil ich

bodenständig berufstätig bei der Stadt Dortmund war, konnte ich ausschließlich an den Wochenenden zu TV-Aufzeichnungen oder anderen Auftritten nachreisen. Aus dem

Showgeschäft habe ich mir nie viel gemacht.

Später habe ich das Showgeschäft eher verachtet, aber an diesem langen Wochenende in Frankfurt und während der Proben zu einer Show

lernte ich Philippe kennen, der ebenfalls - damals zumindest - vom Show-Biz offenbar völlig überrollt von seinem plötzlichen Erfolg stand. Er war der Star der damaligen Show,

aber so eingeschüchtert wie ich selber - von diesen vielen Selbstdarstellern.


Festhalten

Jeder muss sich an etwas, irgendetwas, festhalten. Manch einer an einem Stuhl und manch einer an der Versuchung, durchzudrehen, weil plötzlich alle Welt und sogar die direkte Umwelt einen für den Größten hält.

Philippe hat sich nicht für den Größten gehalten. In den Proben zur Show habe ich ihn und er mich zum ersten Mal gesehen. Ich fühlte mich unwohl in dieser Welt,

und er hat irgendwie das gleiche empfunden. Wir 

haben uns aneinander festgehalten. Nicht wörtlich, aber mental.

Er hatte den schüchternsten Blick dieser Welt ... und sein Blick hat sich an meinem so festgeklammert, dass ich diese Intensität niemals vergessen werde.

Viele damals bekannte Show-Größen waren um uns herum, aber Philippe hat nur mich gesehen, fast so als wäre ich der einzige wirkliche Mensch in diesem Zirkus.


Sein Auftritt

Die Show wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen aufgezeichnet. Später wurden die besten Szenen für den TV-Auftritt zusammengeschnitten.

Vor seinem Auftritt stand er mir gegenüber: in einen Smoking gekleidet, ich in eher Straßenklamotten. Inmitten anderer  Prominenz standen wir - und

hatten nur Augen füreinander.

Als er sich ans Klavier gesetzt hat, saß ich in der ersten Reihe. Die wurde mir zugewiesen, ohne mein Zutun.

Philippe hat seine damals und bis heute weltberühmte Melodienfolge auf dem Klavier abgespult - und dabei nur Augen für mich gehabt.

Diese Blicke werde ich nie vergessen. In jenen Momenten war ich mehr als nur sein Halt in all den Rumstehpausen zuvor. Es war,

als hätte er diese Ballade nur für mich allein gespielt. Und es war nicht allein in meinem Kopf so, es war wirklich so,


Wenn man nur mit Händen, Füßen und ein paar Wortfetzen miteinander reden kann

Vielleicht war das Wortkarge zwischen uns auch eine Art von Zauber, denn Wörter hätten uns niemals voneinander trennen können,

weil wir in zwei verschiedenen Sprachen unsere Heimat hatten. Die Worte zwischen uns waren so sparsam, dass sie keinen Zauber hätten zerstören können. 

Aber mit diesen Wortfetzen und Händen und Füßen trafen wir eine Verabredung; wir haben Telefon-Nummern ausgetauscht,

der  junge Mann auf dem unaufhaltsamen Weg zum Star im Smoking und die junge der Öffentlichkeit unbekannte Frau in Straßenklamotten.


Dortmund

Er und ich hatten in beinahe sprachloser Weise beschlossen, einander wiederzusehen. Er wollte mich anrufen, wenn er in der Nähe von Dortmund oder Duisburg sein sollte.

Etwa ein bis zwei Monate später war es soweit. Philippes Hit hatte inzwischen noch mehr Fahrt aufgenommen. Er gastierte in Dortmund.

Und er rief mich in Duisburg an.

Jeder kann sich vorstellen, wie holprig eine Konversation verläuft, wenn man am Telefon  nicht einmal Hände und Füße zu Hilfe nehmen kann -

denn damals gab es noch kein Facetime - (nutze ich bis heute nicht),

aber niemand kann sich vermutlich vorstellen, wie man sich dennoch verständigen kann, wenn der eine kein Englisch oder Deutsch und die andere nur Brocken Französisch spricht.

Wir haben damals eine Verabredung an einem bestimmten Ort in Dortmund gehabt.


Das Ende unserer nie erfüllten Love-Story

Da gab es  damals und es gibt ihn auch heute noch: den Mann, durch den ich Philippe überhaupt erst kennengelernt habe. Und der damals viel für mich empfunden hat - ich befand mich in einem Gefühls-Chaos, dem ich nicht entrinnen konnte.

Zu der Verabredung mit Philippe bin ich nicht hingegangen.

Denn ich befand mich zusätzlich in einer Verantwortung, so dachte ich, für meinen heutigen Ehemann. Ich konnte ihn doch nicht derart enttäuschen ...

Selbstverständlich habe ich keine Ahnung, was aus Philippe und mir geworden wäre - und das ist auch unerheblich, und ich bereue auch keine Entscheidung, die ich jemals getroffen habe - allein, weil mich das niemals weitergebracht hätte und mir nur die Enttäuschung vor mir selber zu sehr bewusst geworden wäre.

Heute denke ich an Philippe, der für die Öffentlichkeit einen anderen Namen trägt, mit viel Freundlichkeit zurück.

Was wäre, wenn ... war noch nie mein Ding.


Guten Tag, Gruß Silvia





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