Freitag, 27. September 2019

27. September 2019 - Gräber . Geburtstag . Vater.



Zum Geburtstag meines Vaters

Heute am 27. September 2019 wäre mein Vater 91 Jahre alt geworden. Im wahren, manchmal bitterem Leben, wurde er nur 64. Auf dem Foto ist sein Grab abgebildet, und ich kann sagen, dass ich nichts empfinde, wenn ich es sehe.

Insgesamt bleiben Gräber, und auch dieses, für mich stumm, sie vermitteln mir nicht, dass hier ein von mir tief geliebter Mensch liegt, eine Liebe, die ich auch heute noch genau so empfinde wie 1993 als er von uns ging. Sein sehr arbeitsreiches Leben ging zu Ende durch die Krankheiten, die er sich eben wegen dieser Arbeit erworben hatte.

Asbest heißt das böse Wort! Damals als unbedenklich eingestuft, aber was bedeuten schon solche Parolen, außer, dass sie die Leute beruhigen sollen? Vermutlich verlangt das "dumme Volk" nach diesen Beruhigungsmitteln, damit es sich selber einreden kann, dass alles richtig läuft in ihren Leben und in der Politik.

Mein Vater hat nie etwas auf "seine" Firma Hoesch kommen lassen, es gab nur freundliche Worte über den Verein. Man nannte die Firma sogar "Frau Hoesch", und sie hatte einen hohen Stellenwert. Leider war sie keine so gute Frau wie es den Anschein hatte,

denn ich kann kaum glauben, dass man damals nicht ahnte, mit welch gefährlichen Stoffen "Frau Hoesch" ihre Mitarbeiter schuften ließ.

Mein Vater war sogar derart betroffen, dass er sein geliebtes Ruhrgebiet verlassen musste und in den Hunsrück gezogen ist. In einen gottverlassenen Ort (mit immerhin fast 2.000 Einwohnern, aber trotzdem gottverlassen), 10 km entfernt von Zell an der Mosel. Dort wurde er vom Bier-Kenner zum Wein-Liebhaber, in einigen guten Stunden.


Er bekam dort einfach besser "Luft" als in Dortmund, was der Grund für den Umzug war. Und er konnte sich auch sonst gut in diese "schwarze" Umgebung integrieren (weil an ihm ein Diplomat verloren gegangen war). Mit schwarz meine ich die CDU. Er selber fand einen Ortsverein der SPD und wurde Mitglied, einen mit nur wenigen anderen Sympathisanten. Man bedenke jedoch die Zeit: Damals war die SPD absolut wählbar. Nur nicht für die meisten Hunsrücker.

Er hatte noch einige relativ gute Jahre in dieser Ecke von Deutschland, am Ende ging es jedoch nicht mehr ohne eine rettende Sauerstoffflasche in der Nähe.

Schon seiner Kindheit und Jugend wurde er beraubt, denn mit 14 Jahren wurde er als angedachtes Kanonenfutter in den 2. Weltkrieg geschickt. Dann war er in französischer Gefangenschaft, während meine Oma lange dachte, sie hätte ihren zweiten Sohn verloren ...

Seines Alters wurde er am Ende ebenso beraubt, denn der Tod kam vorzeitig, viel zu schnell, und er macht das Vergangene unwiderbringlich. Machtlos steht man daneben und kann rein gar nichts ändern.

Und dann gab es die Leute, die mir sagten, dass ich an seinem Grab Trost finden könnte. Dahin geworfene Wörter, die rein gar nichts bedeuten. Nicht eine Sekunde lang beruhigt es mich, an einem Grab zu stehen. Ich bin auch nicht die, die Zwiesprache an der letzten Ruhestätte hält. Eher frage ich mich: Warum stehe ich jetzt hier? Es bringt mir doch nichts!

Daher war ich auch selten und nur, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, an seinem Grab. Andere mögen einen gütigen Trost sehen, wenn sie vor einem Grab stehen - mir ist das nicht vergönnt.

Immerhin ist er überall, wo ich auch bin, an jedem Tag. Und ich denke sehr oft an ihn, auch, wenn eine lange Zeit seit seinem Tod vergangen ist.

Für mich selber wünsche ich mir eine Friedwaldbestattung. In hoffentlich noch weiter Ferne. Aber das ist für mich das einzig Richtige:

Asche, die einen Baum speist ... ist überdies ein schöner Gedanke. 

Besucher braucht man dort nicht, es kommen ja immer wieder mal Spaziergänger vorbei ...


Guten Tag, Gruß Silvia 



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