Tiere landen aus den unterschiedlichsten Gründen in einem Tierheim, und das stresst sie genau so wie es uns Menschen stressen würde, wenn wir von heute auf morgen ein völlig anderes Leben führen müssten und alles alte daran aufgeben müssten.
Charlie hat zweimal sein Zuhause verloren. Von dem ersten weiß ich überhaupt nichts, von dem zweiten ein wenig. Etwas mehr hat er mir selber im Laufe der Zeit auf seine hündische Art "erzählt". Als ich ihn im Tierheim
kennenlernte, war er noch weit entfernt davon, mir viel zu "erzählen". Er genoss einfach unseren ersten Spaziergang (und es war ihm völlig egal, wer am anderen Ende der Leine war) - auf die Art, wie lauffreudige Hunde es genießen, die lange Zeit das Rennen und den Gebrauch ihrer vier Beine vermisst haben. Oder die vielleicht niemals wirklich einfach drauflosspurten durften.
Natürlich führen ehrenamtliche Spaziergänger alle Tierheim-Hunde regelmäßig aus. Aber das war für Charlie zu wenig. Zudem litt er unter der Einsamkeit vieler täglicher Stunden, mit der er sich seine Zeit in einem Zwinger vertreiben musste ... Einsamkeit ist kein guter Kumpel.
Unser erster gemeinsamer Lauf, einen gemütlichen Spaziergang kann man den nicht nennen, zeigte mir, dass Charlie genau das braucht, was ich ihm bieten kann. Schon viele Jahre vorher wurde ich von jetzt auf gleich durch Robin "Hund" von einer
Schaufenster-Bummel-Gängerin zu einer bewegungsfreudigen Langzeit-Marschierenden.
Etwas anderes wurde mir deutlich, als ich Charlie nach diesem 1. Spaziergang ins Tierheim zurückbringen musste (denn insgesamt muss man fünfmal mit einem Hund, der in Frage kommt, eine große Runde drehen):
ich wusste, dass ich Charlie zu mir nehmen wollte. Und ich wusste zudem, dass ich mir im Falle meiner Ablehnung, ihn zu mir zu nehmen,
vorkommen würde, als würde ich ihn persönlich und herzlos im Tierheim abgeben. So wie viele Hunde dort abgegeben werden (was manchmal besser ist, als dem Tier nicht gerecht zu werden) ... es hätte mir das Herz gebrochen, ihn nicht zu einem Familienmitglied zu machen.
Das Vertrauen wächst
Seit dem 18. Februar 2022 ist Charlie sieben Monate ein vollwertiges Familienmitglied. Das gegenseitige Vertrauen wuchs natürlich nach und nach ... ich musste ihm vertrauen, bevor ich ihn das erste Mal abgeleint habe. Das geschah nachdem wir genau 2 Wochen zusammen gelebt haben. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass er
nicht die Flucht ergreifen würde.
Mir muss er vertrauen können - obwohl er das selber gar nicht wirklich wahrnimmt - dass ich ihm zweimal täglich seine Herztabletten gebe ... und er hat das sehr gerne, denn direkt im Anschluss bekommt er Belohnungs-Leckerchen.
Und er muss mir vertrauen, dass sein Leben nun in geregelten Bahnen verläuft und kein Spaziergang auf reiner Zufallsbasis abläuft. Viermal machen wir uns täglich auf den Weg. Einmal am Tag gehen wir auch durch den Wald - er liebt es.
Das Tempo ist Charlies Tempo angepasst. Rekorde muss er keine brechen, er soll sich lediglich wohlfühlen und genug Traummaterial gesammelt haben.
Ich habe Charlie vertraut, dass seine Schüchternheit ein Stück weit abblättert - und so ist es passiert. Er ist heute viel selbstbewusster als am Anfang. Und manchmal
ist er regelrecht albern.
Vertrauen ist in jeder Beziehung wichtig, auch in der zwischen Mensch und Hund: einer achte auf die Bedürfnisse des anderen - ich natürlich viel mehr auf seine als er es auf meine muss. Aber auch er versucht es nicht nur, sondern schafft es, mein
Traumhund zu sein. Charlies Anhänglichkeit und sein Vertrauen sind mein großes Geschenk.
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