Das Begräbnis
In den überwiegenden Fällen sind Schauspieler Schauspieler und interpretieren Wörter, die andere für sie geschrieben haben. Und wenn es auch Schauspieler gibt, die zudem Bücher schreiben oder Drehbuchautoren sind, ist es noch lange nicht gesagt,
dass sie nach nur einem Rollen-Profil (und deren Vitas) aus dem Stehgreif einen guten Plot machen können. Zumal dann nicht, wenn sie dies in entsprechenden Situationen möglichst auf den Punkt und sofort erledigen müssen. Wer kennt es nicht: eine Alltagssituation, in der man erst im Nachhinein die passenden Worte findet. Das vermasselt einem manchmal sogar den ganzen Tag.
Ein Autor kann, wenn nötig, tagelang an einem Dialog arbeiten, um ihn mit einer gewissen Leichtigkeit und von einem Schauspieler über die Bühne bringen zu lassen. Das ist in einem Improvisations-Film nicht möglich ... obwohl natürlich am Ende der Schnitt die besten Sprüche, Reaktionen, Dialoge und Monologe herausfischen kann.
Ich habe lange gezögert, mir diese Serie anzusehen.
Man könnte sagen, dass wir alle Theater spielen, ob Schauspieler oder Verkäuferin, Bestatter, Trauernder, Arzt, Politiker oder Müllentsorger ... aber
im täglichen Leben kann man Wörter zwar nicht zurücknehmen, aber niemand nimmt sie auch in der Art wahr wie in einem Film,
der davon lebt, ob die Zuschauer ihn am Ende mögen oder nicht.
Zudem können die Zuschauer im Besonderen von einzelnen Schauspielern, von denen sie intelligente Texte erwarten, enttäuscht werden. Natürlich klappt das auch umgekehrt - und man ist begeistert von der Schlagfertigkeit.
Schauspieler sind darstellende und reproduzierende Künstler und keine Dichter, Denker und sonstwas, die man unter Stress setzt
mit einem Impro-Theater. Allerdings machen sie das höchst freiwillig und sehen es vielleicht auch als Herausforderung an. Oder ...
in der Pandemie-Zeit als Quelle von nötigen Einkünften, die so satt nicht gesät sind.
Claudia Michelsen ... mag ich als Schauspielerin wenig, denn sie schluckt ihre Wörter runter anstatt sie auszuspucken. In immer gleich Attitüden empfinde ich sie als überbewertet. Leider spielt sie auch die Mutter in der Ku'-Damm-Reihe: die einzige, auf die ich dort verzichten könnte - und wegen der ich mir die Serie erst sehr spät angesehen habe.
Charlie Hübner - sehe ich gern. Er ist weder überpräsent noch unterpräsentiert. Ein Geheim-Tipp für Regisseure oder Caster, der so geheim dann doch nicht mehr ist? Den Erfolg aber muss man auskosten, solange er dauert. Und wer in der Pandemie einen Part ergattern kann, der macht das.
Martin Brambach - ist immer nur Martin B. Er brambacht stetig vor sich hin. Keine Überraschungen, keine andere Mimik, dieselbe Darstellungskunst wie in allen anderen seiner Rollen.
Anja Kling - spielt an ihren Haaren herum. Würde ich auch, wenn ich ins kalte Wasser geworfen - oder von Castern, und wer auch immer für meine Besetzung verantwortlich wäre, auf Klugheit getestet würde. Die kann nämlich in manchen Momenten
plötzliche Aussetzer haben. - Als Naivchen geht Anja Kling keineswegs durch. Falsche Besetzung.
Wie viel an eigener Persönlichkeit bringt man in solch ein Theater ein?
Wer schreit auch im Privatleben öfter "Scheiße, Kacke" (Zitat aus dem Film, ich sage höchstens mal Scheiße, nie das andere Wort) oder ist völlig von der Rolle? Oder anders gefragt: kann man trotz Rollenprofil die eigene Persönlichkeit völlig aus diesem Spiel heraushalten?
Kennt M. Brambach "Du (also die) Scheiß-West-Fotze" aus eigener Anschauung? War es ihm sogar ein Bedürfnis, dies einmal laut rauszuschreien? Hätte ihm ein Drehbuch-Autor diesen Begriff auch in den Mund gelegt? Ist natürlich möglich und nicht weit hergeholt, denn auch in Drehbüchern geht es nicht immer nur nach der Schönheit der Sprache. Manchmal darf sie auch derb sein. Aber
Impro
ist anders zu sehen. Ist ein harter Job.
Im Allgemeinen sind die Mimiken aller Schauspieler in "Das Begräbnis" besser als ihre Kommunikations-Fähigkeiten. Das spricht für sie - aber auch dafür, ein Drehbuch als doppelten Boden zu benutzen.
Devid Striesow - ich bemerke ihn kaum. In anderen Filmen glänzt er.
Christine Schorn - macht ihre Sache gut.
Thomas Thieme - ein hervorragender Schauspieler. Zwar ist er der Mann für alle Fälle, aber ein Drehbuch steht ihm gut zu Gesicht. In seinen besten Momenten in diesem Film sagt er ... gar nichts ... oder liest ab.
Fazit
Selbstverständlich gibt es Drehbücher, die banal bis katastrophal sind. Gegen diese ist dieses Improvisations-Spiel vielleicht für viele Zuschauer eine gelungene Veranstaltung. Ich habe 5 Folgen der Serie gesehen - und wenn es nach mir geht, aber danach geht es natürlich überhaupt nicht, muss das nicht weiter filmisch verfolgt bzw. neue Folgen gedreht werden.
Der Film ist gut gemacht, entspricht nur nicht meinem Verständnis für eine Serie wie z. B. "Die Kirche bleibt im Dorf" und fällt durch genau das Raster, durch das es für mich nicht fallen sollte.
Zudem sind hier viele der immer gleichen Darsteller zu sehen, die man auch sonst in "wichtigen" Produktionen vorgesetzt bekommt. Das ist nicht unbedingt verkehrt, aber man könnte auch mal neuen Gesichtern eine Chance geben, die bekannt, aber nicht ganz so "verbraucht" sind.
Und die - vor allem - in der Pandemie arbeitsloser sind als diese.
In 3 Tagen wurde der Film mit etlichen Kameras abgedreht. Wenn man bedenkt, dass Schauspieler insgesamt sensible, aber in der Regel hervorragend selbstdarstellende Wesen sind, war das eine Mammut-Aufgabe für den Schnitt-Meister. Es soll Schauspieler geben, die sich stetig ins beste Licht rücken, und die anderen als Komparsen dastehen lassen wollen. Einige von diesen haben sicher in dem Film mitgewirkt. Also auch Stress für den Regisseur und Cutter.
Ich würde diesem Film drei eher nicht so satte Sternchen von fünf möglichen geben.
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