Freitag, 11. Oktober 2019
11. Oktober 2019 - Die Konferenz der Wochentage
Die Konferenz der Wochentage
Die Idee für dieses Treffen mit dem anschließenden Erfahrungsaustausch hat der Sonntag. Er fühlt sich oft gelangweilt, verkatert und zwar hochgelobt, aber das doch eher in Lippenbekenntnissen als in ernst gemeinten Worten. Manchmal gähnt er von früh bis spät und beklagt die allgemeine Stille. Im Fernsehen laufen seichte Filmchen oder uninteressante Krimis. Doch jetzt rafft er sich auf und trommelt alle anderen 6 Wochentage zusammen:
Was überhaupt nicht einfach ist, denn schon der Montag stellt sich quer. Er fühlt sich unter allen Tagen am meisten diskriminiert und fehlinterpretiert. Der Sonntag verspricht ihm, sein Image ein wenig aufzupolieren, und zögerlich und unwillig stimmt der Montag der Konferenz zu.
Der Dienstag hat keine Einwände, die anderen Wochentage zu treffen. Er ist der bequeme Tag, den niemand so recht beachtet, aber den auch keiner so sehr hasst wie den Montag.
Der Mittwoch fühlt sich großartig und meint, die Konferenz wäre eine schöne Sache - es sei denn, er müsste seine Position innerhalb der Woche aufgeben. Er ist so gerne der Wochenteiler. Dass ihm das erhalten bleibt, verspricht der Sonntag - anders ginge es schließlich nicht.
Der Donnerstag ist hellauf begeistert, denn wenn auf ihn ein Feiertag fällt, und das kommt öfter vor, lieben ihn die Leute ganz besonders. Dann ist er die Brücke zum Brückentag. Besser kann es einem Tag kaum gehen.
Nur der Freitag fühlt sich als Gewinner der Woche schlechthin. Die Menschen mögen ihn einfach. Er kann es gut verstehen, denn er ist ein ganz eitler Gockel.
Auch der Samstag ist zum Treffen bereit und präpariert seine Position, die er noch vor dem Freitag sieht.
So kommt es zum ersten Streit zwischen Freitag und Samstag. Es wird heftig debattiert, wer von beiden der Coolere ist.
Der Montag, der sich als Tag für Philosophen fühlt, also meist unverstanden bleibt, meint dazu, man müsse die Menschen selber fragen, ob sie den Freitag oder den Samstag lieber mögen ... er könne in solch einen Wettstreit ohnehin nicht ziehen bei seiner allgemeinen Unbeliebtheit.
Der Mittwoch tröstet den Montag, denn seine mittlere Position hat er nicht nur in der Woche, sondern auch in seinen Gedanken: Der Montag sei doch schön, meint er,
erhält aber wenig Zustimmung. Lauthals widerspricht der Donnerstag: Ich bin ein guter Tag, denn an meinem freuen sich alle auf den Freitag, den Samstag und vielleicht sogar den Sonntag. Immerhin sei Vorfreude die schönste, folgert er selbstbewusst.
Darüber lachen Freitag und Samstag gemeinsam. Gegen die anderen Wochentage ziehen sie immerhin noch an einem Strang.
Inzwischen hat sich der Montag ganz klein und unscheinbar gemacht. Er ist nicht geschminkt und nicht laut und nicht redselig, aber so klug wie kaum ein Tag.
"Wer hat gesagt", meint dann der Initiator, der Sonntag: "Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen"?
Dienstag guckt unwissend. Donnerstag und Mittwoch wissen es. Freitag und Samstag empören sich und bilden nun endlich eine Einheit gegen die anderen Tage.
"Goethe", antwortet der Mittwoch.
Der Montag senkt seinen Kopf, bevor er antwortet:
"Ich denke trotzdem, dass die Menschen nur auf den Freitag und Samstag hin leben, vielleicht noch auf den Sonntag. Mich möchten sie am liebsten überspringen."
"Ja," stimmt der Mittwoch zu, "weil sie dumm sind und freiwillig mehr als die Hälfte ihres Lebens überspringen würden, wenn sie könnten. Ich liebe dich,
Montag."
Der Montag kuschelt sich an den Mittwoch. Der Sonntag schließt die Konferenz, die im Grunde nichts geändert hat,
denn schon am nächsten Sonntag werden sich weltweit wieder die meisten vor dem Montag grausen, um ihm am Montag einen Stoß zu versetzen und ihn in hämische und böse Worte zu kleiden.
So ungerecht sind nur Menschen, nicht Wochentage.
Guten Tag, Gruß Silvia
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