Samstag, 22. August 2015

22. August 2015 - Einsfestival - "Mama ist beim Friseur"



Mama ist beim Friseur

Dieser kanadische Film aus dem Jahre 2008 ist handlungsmäßig in den 1960er Jahren angesiedelt. Simone verlässt ihren Ehemann als sie von seiner Homosexualität erfährt und geht als Journalistin nach London. Zurück lässt sie die drei Kinder, von denen besonders Benoit ihrer Hilfe bedürfte.

Fortan fühlt sich die große Schwester Elise für den Zusammenhalt der Familie verantwortlich, obwohl sie selber noch eine anleitende Hand brauchen könnte. Sie flüchtet sich in ihre Nischen, um dem eigenen Kummer zu entkommen - und erfährt, dass es keine heilen Familien in ihrem Umfeld gibt.

Modemäßig machen die 1960er Jahre einen besseren Eindruck als zum Beispiel die 1980er. Und es gibt mechanische Schreibmaschinen, auch das Fernsehen sendet noch in schwarz-weiß.

Und ganz schwarz-weiß ist das Denken der Menschen. Dramatisch sogar. Homosexuelle haben in der Regel geheiratet und ihr wahres Leben im Verborgenen gelebt. Betroffen von den Lebenslügen waren nicht allein die schwulen Männer, sondern auch die ahnungslosen Frauen.

Auch in diesem Fall zahlen die Kinder den höchsten Preis. Während die Erwachsenen nicht einmal miteinander über das "Problem" reden können, driftet der kleine Benoit völlig ab. Er ist verhaltensauffällig und Legastheniker. Hilflos steht der Vater und Verursacher der familiären Misere dem Kind gegenüber - erwachsener geht seine höchstens vierzehnjährige Tochter die Dinge an. Obwohl der Mann Arzt ist, dem eigentlich nichts Menschliches fremd sein dürfte, kann er seinem Kind und  auch seinen anderen beiden Kindern nicht helfen.

Vielleicht liebt er seine Frau sogar - aber eben nicht auf sexueller Ebene. Denn er vermisst sie und wollte sie aufhalten. Die weltgewandte Journalistin gibt ihm dennoch keine Erklärung für ihr Fortgehen.

War das damals so? Blieben derartige Probleme unbesprochen und unausgesprochen?

Zum Glück muss sich heute niemand mehr wegen seiner sexuellen Orientierung verstecken. Dennoch bleibt der bittere Beigeschmack, dass die 1960er Jahre so weit noch nicht zurück liegen: War das nicht die Zeit von Sex, Drugs und Rockn' Roll? Und trotzdem wurde so etwas Wichtiges völlig unter den Teppich gekehrt?

Das Ende bleibt offen. Elise sagt zu Benoit: "Wir gehen nach London."

Doch die Welt war überall die gleiche - mit Mauern in Köpfen und Unverständnis gegenüber denen, die anders lebten. Weil sie nicht anders konnten.

Gut, dass diese Zeit überwunden ist. Und schade, dass es noch heute Menschen mit einem Brett vor dem Kopf gibt, deren Intoleranz in einem anderen Weltbild stecken geblieben ist.

Guten Tag, Gruß Biene

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen