Freitag, 12. Februar 2021

12. Februar 2021 - Kurzgeschichte in nun 3 Teilen: "Im Waschsalon" - Zusatz-Teil 3

 

Foto: S. B.


Eigentlich war die Geschichte bis zu meinem anvisierten Ende und dem 2. Teil erzählt, und jeder Leser sollte sich sein eigenes "wie könnte es weitergehen" vorstellen,

das vielleicht von meinem weit entfernt ist. Doch hier kommt der Zusatz-Teil, der erzählt, wie ich mir das (vorläufige) Ende vorstelle. Denn das endgültige kennt niemand.


Warten auf das Testergebnis

Draußen, wenn sie spazieren gingen, hielten sie sich allerdings nicht an den Händen, auch, wenn es insgesamt ein recht unschuldiges Ritual war. Aber über beiden schwebte die Vermutung, dass sie Geschwister waren, als würde die Bestätigung der Annahme alles zunichte machen, was beide sich sehnlichst wünschten ...

von dem sie aber zueinander nicht sprachen.

Für Lili stand fest, dass sie und Paul zwei ziemlich seltsame menschliche Exemplare waren: angefüllt mit vielen Gefühlen - und die vermutete sie auch bei ihm - bekamen sie die Lippen trotzdem nicht auseinander, um Worte füreinander zu formulieren. Obendrein war da dieser seltsame Schwebezustand. Wenn Lili an das Wenige dachte, das Paul ihr bislang von seiner Mutter erzählt hatte,

bekam sie wenig Lust, auch noch deren Tochter gewesen zu sein.

Bislang hatte Paul sich auf ihren Spaziergängen und in Cafe-Besuchen ohnehin mit Erzählungen über seine Mutter zurück gehalten. Zum Glück, wie er nun dachte - denn wenn Lili wirklich seine Schwester war, müsste er die

Mutter-Geschichte noch sehr, sehr verschönern. So wie sie gewesen war, wollte er seine Mutter keiner neuen Tochter beschreiben. Denn Lili sollte am Ende nicht traurig sein, dass sie seine Schwester war.

Was auch immer bei dem Gentest herauskam: er wollte, dass Lili glücklich war.

Aber Paul hatte sich bereits in Lili verliebt. Ein Gefühl, das er nun so gut wie möglich vor sich selber unterdrückte (vor ihr sowieso), und das ihm gleichzeitig Bauchschmerzen machte: am Ende liebte er die eigene Schwester.

Warum war sein bisheriges Leben so völlig anders verlaufen, als das der meisten Männer? Ein bisschen Selbstmitleid überkam ihn hier und da, und die Wut auf seine Mutter vergrößerte sich entsprechend.

Allerdings musste er zugeben, dass seine Mutter, falls es so gewesen sein sollte und man ihr in der damaligen DDR ein Kind nach der Geburt weggenommen hatte - keine Schuld daran trug. Vielleicht hatte sie ihn deshalb so sehr behütet? Vielleicht hatte sie aber auch gar nicht gewusst, dass sie eigentlich Zwillinge bekommen hatte? Falls sie durch einen Kaiserschnitt entbunden worden war ...

Aber vielleicht war sie auch überhaupt keine Zwillingsmutter. Das war die ihm liebste Variante.

Auch Lili hegte Gefühle für diesen traurigen, aber sehr herzlichen Mann - und unterdrückte sie. Manchmal betrachtete sie ihn nachdenklich, um in seinem Gesicht nach Ähnlichkeiten mit ihrem zu forschen ...


Das Ergebnis

 Sie waren gemeinsam in Pauls Wohnung, als der Brief endlich eintraf. Es hatte gar nicht so lange bis zu seiner Ankunft gedauert, war aber beiden wie eine Ewigkeit vorgekommen.

Nun hielt Paul den Umschlag in seinen Händen, als könne er sich daran verbrennen ... Lili nahm ihm das Ergebnis-Schreiben aus den Händen und öffnete es, als wäre das Papier zerbrechlich oder würde zerspringen wie ein Haufen zerschlagenes Porzellan. Dessen Inhalt könnte höchst explosiv für beider Gefühle zueinander sein. Sie war mutig.

"Es ist zu 98,9 Prozent auszuschließen, dass beide Testpersonen Geschwister sind."

Einen Moment später lagen sich zwei Menschen in den Armen und einer konnte dem anderen endlich von seiner Liebe erzählen, ganz zaghaft natürlich, wie es den beiden entsprach. 


ENDE 
Copyright Silvia Gehrmann

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen