Samstag, 10. Oktober 2020

10. Oktober 2020 - Die schweigende Generation



Die schweigende Generation

Manchmal stand die Generation unserer Eltern und Großeltern auch nur den uninteressierten Kindern und Enkeln gegenüber,

oder sie glaubten allgemein, dass man sich als Personen nicht so wichtig nehmen sollte, dass sich Erzählungen lohnten, weiterberichtet zu werden.

Mein Vater, Jahrgang 1928, wurde als Kind in den 2. Weltkrieg zwangsrekrutiert ... 

meiner Oma entrissen, die lange, lange ohne Nachricht blieb. Denn er verbrachte eine Zeitlang, nachdem er vergeblich und sicher ohne Enthusiasmus versucht hatte, sein Vaterland zu retten

in französischer Kriegsgefangenschaft.

Dass dies ohne jugendlich überschwänglichen Kampfgeist geschah, ist sicher, denn meine Großeltern väterlicherseits waren keine Nazis. Und ihre Erziehung hat bis zu seinem Tod gegolten.

Aber da endet auch bereits mein Wissen über die Geschichte meines Vaters und meiner Oma

(ihr Mann starb mit 47 Jahren, und ich denke, das war noch vor Kriegsende, so dass er seinen Sohn überhaupt nicht mehr wiedersah).

Eine weitere Familien-Begebenheit habe ich erfahren, wobei die eine Quelle erst ein paar wenige Jahre alt und die andere aus meiner Kindheit oder Jugend stammt. Was ich glauben kann - ich weiß es nicht.

 Es geht um den Tod des erstgeborenen Sohnes, Johannes, meiner Oma ... Vielleicht will ich auch einfach nicht glauben, wie die Nazis gegenüber abtrünnigen guten Menschen nicht Halt gemacht haben, obwohl sie "Arier" waren.

Auch ich gehörte zu den Enkelinnen, die über "diesen "ollen Kram" nichts erfahren wollten.

Ein Fehler!

Mehr weiß ich über die Lebensgeschichte meiner Mutter. Ihre Eltern waren keine Anti-Nazis. Meine Mutter hat über all das gesprochen und mir versucht, zu vermitteln (auch im Hinblick auf "wehret den Anfängen")-

selbst, wenn hier meine Aufmerksamkeit gegenüber dem Erzählten nicht grenzenlos war. Ich weiß jedoch, dass meine Mutter zeitlebens darunter gelitten hat,

dass ihr Vater im Nazi-Deutschland eine Rolle gespielt hat. Eigentlich konnte sie das nie glauben. Sie hat sogar versucht, Beweise für seine Unschuld zu finden.

Heute würde ich ihr posthum gerne helfen, aber ich habe keinen Plan, wo ich ansetzten könnte.

Meine Mutter hat im Krieg ihre gesamte Familie - bestehend aus Vater, Mutter und drei Brüdern - verloren.

Mein Vater hat seinen Vater und den ältesten seiner beiden Brüder im Krieg verloren.

Sie allesamt hätten soviel Gesprächs- und Zuhörungsbedarf gehabt.

Aber mein Vater war der Verschwiegendste von allen. Er hat nie auch nur versucht, etwas zu erzählen, er hat alles in sich hineingefressen ...

und das ist ihm wirklich nicht gut bekommen.

Für mich ist es zu spät, meine heutigen Fragen zu stellen. Es ist zu spät, meiner Mutter zuzuhören. Es ist zu spät, meine Oma aufzufordern, mehr preis zu geben.

Meinen geliebten Papa hätte ich allerdings vermutlich auch heutzutage nicht "geknackt", er wollte nicht sprechen. Für ihn war immer alles in bester Ordnung, und das vergangene Erlebte in der Schweige-Ecke. Es sollte Vergangenheit bleiben, und nicht die Gegenwart trüben.

Obwohl genau das ihn vermutlich seinen frühen Tod beschert hat. Denn seine vielen körperlichen Erkrankungen hatten allesamt eine psychische Komponente, die die körperliche ungestüm befeuert haben.

Guten Tag, Gruß Silvia 



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen