Freitag, 3. Februar 2023

3. Februar 2023 - Für Dr. B. - Internist und Hausarzt


Für Dr. B. - Internist und Hausarzt
Dr. B.

war viele Jahre lang mein Hausarzt. Und auch, wenn seine Patienten sich teilweise wie in der "Sachsenklinik" vorgekommen sein mochten, war er natürlich kein Schauspieler. Er war Internist. Ein bisschen spröde, nicht sehr wortgewaltig, aber mit einem immer offenen Ohr für die Sorgen und Krankheitsgefühle seiner Patienten.

Er war nicht nur kein Schauspieler, sondern auch kein Geschäftsmann in eigener Sache. Irgendwelche zusätzliche Untersuchungen wollte er seinen Patienten nie aufdrängen, und man konnte sicher sein, dass es keine überflüssigen Kostentreiber gab.

Er war mein Hausarzt, weil er vor einiger Zeit seine Praxis aufgegeben hat, obwohl er die Altersgrenze noch nicht erreicht hatte.

Einen empathischeren Hausarzt werde ich nicht finden,  denn die sind dünn gesät, und es gibt sie nur noch in der Sachsenklinik. Leider sind das jedoch alles keine Ärzte, sondern Darsteller von Ärzten, die sich alle Patienten wünschen, die es im realen Leben aber kaum gibt.

Dass es sie hin und wieder und hier und da doch 

 im realen Leben gibt, hat Dr. B. bewiesen. Wenn er auch nicht rein äußerlich dem Ideal eines TV-Arztes entsprach, ist er unersetzlich.

Als mein Mann wegen einer Verletzung zu ihm ging - stellte Dr. B. fest, dass irgendetwas völlig anderes nicht stimmte. Auf seinen unaufdringlichen Rat hin ließ mein Mann sich eine Überweisung zu einem Urologen ausstellen, und das war gut so. Denn der Krebs wurde frühzeitig erkannt.

Als meine Freundin Inge sich das Leben genommen hat, habe ich Dr. B. davon berichtet, denn sie war ebenfalls seine Patientin. Er war sehr erschüttert, denn 1. war Inge noch sehr jung und 2. ist Selbstmord eine sehr schlechte Lösung ...

Ich hatte allerdings auch eine drängende Frage an ihn, die mir sehr auf der Seele brannte: war Inge vielleicht unheilbar krank gewesen und war das der Grund für ihren Suizid? Hat sie uns - ihren Freunden - dies verschwiegen? Hätte man ihr helfen können?

Natürlich wollte Dr. B. auf keinen Fall seine Schweigepflicht brechen, die für ihn auch posthum Gültigkeit hatte.

Allerdings muss ich ihm mit meiner brennenden Frage, die rein gar nichts mit Neugier zu tun hatte, sowohl leidgetan haben als auch wegen der nicht aufgebenden Wiederholung auf die Nerven gegangen sein. - Und er hat dann doch einen Bruch der Schweigepflicht begangen:

Inge war nicht krank gewesen.

Dass die Ehefrau von Dr. B. auch recht jung verstorben war, erfuhr ich als Patientin sehr spät und nur durch einen Zufall, denn über sich selber sprach er relativ wenig, auch, weil er sich nicht so wichtig nahm wie es viele Ärzte tun.

Und sicher wollte er auch kein Mitleid.

Wie es ihm heute geht und womit er sich beschäftigt, weiß ich nicht.

Vielleicht macht er endlich die Wohnmobil-Reisen, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte ...


Guten Tag, Gruß Silvia 



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen