Am frühen Morgen des 29. Januars 2021 wurde sie in Badbergen (einzeln) kremiert
"Es kann vor Nacht leicht anders werden,
als es am frühen Morgen war;dieweil ich leb auf dieser Erden,
schweb ich in steter Todesgefahr."
- Ämilie Juliane Gräfin von Schwarzburg-Rudolstadt
An Bienchens Todestag strahlt die Sonne vom Himmel, als hätte sie nichts Besseres im Sinn, uns gleichzeitig die Schönheit der Welt und auch die Traurigkeit des Todes vorzuführen.
Vielleicht ist der Tod aber gar nicht traurig ... vielleicht ist er die letzte Belohnung für ein gut geführtes und erfülltes Leben ... ich weiß das nicht. Vielleicht weiß Bienchen es nun ... das alles mindert nicht meine tiefe Traurigkeit.
Am Tag vor ihrem Tod ...
Zwei Tage zuvor haben wir noch ihren üblichen Waldspaziergang unternommen. Aber am Sonntag, dem 24. Januar, nach einem ersten Spaziergang im Schnee, der die Stadt zum Glück nur mit Weiß bestäubt hatte, änderte sich ihr Verhalten.
Sie wollte nicht fressen, sie lief stundenlang durch alle Räume - und gab manchmal einen Laut von sich, den ich noch nie von ihr gehört hatte. Die nächsten Spaziergänge mussten ausfallen, denn draußen wollte sie im Gegensatz zu drinnen überhaupt nicht laufen.
Gegen 18.00 Uhr habe ich mich ins Bett gelegt - und es dauerte nicht lange, und Bienchen kam mir nach. Holen musste ich sie nicht,
und darauf hatte ich auch gehofft.
Endlich kam sie ein wenig zur Ruhe. Sie lag abwechselnd in meinem Bett oder in ihrem Körbchen. Zwischendurch gab sie immer wieder diesen Laut von sich, der mir große Sorge bereitete.
An viel Schlaf war nicht zu denken. Plötzlich hatte ich so sensible Ohren wie eigentlich nur Hunde sie haben ... die auf jede kleinste Regung von Bienchen sofort reagierten, auch dann, wenn ich einmal kurz eingeschlafen war.
In der Tierklinik
Am Morgen des 25. Januars begannen wieder ihre rastlosen Spaziergänge durch die Wohnung. Wir machten uns bereit, in die Tierklinik zu fahren - was ohnehin seit dem Vortag geplant war. Vielleicht hatte sie Schmerzen. Vielleicht wollte sie uns mit diesem seltsamen, nie zuvor gehörten Laut etwas sagen ...
Dass sie uns damit etwas sagen wollte, meinte auch die empathische Tierärztin, eine junge Frau.
Es gab natürlich eine klinische Diagnose, die der Ärztin und mir den einzig möglichen Weg vorgab:
eine schwere Entscheidung bleibt die Euthanasie trotzdem. Über Leben oder vorzeitigem Tod zu entscheiden ... macht demütig.
Der Laut war auch vermutlich kein Schmerzenslaut, sondern Bienchens Wunsch nach ewigem Frieden, den sie nach einer langen Lebenszeit
(17 Jahre, 3 Monate und 12 Tage)
durchaus selbstbestimmt äußern durfte.
Bienchen bekam eine neue Art der Euthanasie: keine Narkose und danach das tödliche Mittel intravenös injiziert - sondern eine einzige Spritze, intramuskulär in den Bauch gespritzt. Nach der Injektion schlief sie. Sie lebte noch. Sie war total entspannt.
Ich setzte mich auf einen Stuhl und nahm Bienchen auf den Schoß. Die Tierärztin und ich streichelten Bienchen ... ich glaube, etwa 10 Minuten lang.
Im Anschluss daran kontrollierte die Ärztin ihr Herz - das kurz noch schlug. Einen Moment später machte Bienchens Herz seinen allerletzten Schlag. Es war 9.00 Uhr morgens an einem von einigen schlimmsten Tagen meines Lebens.
Ihr Herz, das ihr inzwischen pensionierter Tierarzt immer "Pudelherz" genannt hat, war auch an diesem Tag - bevor sie erlöst wurde - noch ein tapfer schlagender Muskel. Mit ihrem schwachen Herzen allein hätte sie noch viel älter werden können ...
Ich kam mir plötzlich sehr, sehr verlassen vor.
"Sie wird Sie nicht verlassen", sagte die junge Tierärztin zu mir.
Warum
ging das so plötzlich?
Es war stets eine furchtbare Vorstellung, eventuelle Anzeichen einer Krankheit Bienchens nicht frühzeitig erkennen zu können. Aber es gab sie nicht, es gab nur Anzeichen, die ihrem Alter geschuldet waren.
Wir Menschen sind wohl einfach zu dumm, während ein Hund uns über seine wahren Befindlichkeiten täuschen kann. Und so lange täuscht, bis er selber bereit ist, zu gehen ...
Dann aber hat Bienchen ihren Wunsch deutlich gezeigt.
Bis Samstag hat sie noch voller Freude gefressen und ist auch gerne spazieren gegangen. Am Sonntag war alles anders ...
Noch ein Tag
Ich nahm mein für Hundejahre uraltes Mädchen mit nach Hause und bahrte sie liebevoll in rosa-rot auf (Fotos davon bleiben für immer rein privat).
Irgendwann telefonierte ich mit meinem Wunsch-Beerdigungs-Institut. Für den 26. Januar wurde ein Termin zur Übergabe der besten Hündin aller Zeiten vereinbart.
Unterdessen bewachte ich ihren Tod,
ihre Seele sollte hier zu Hause und nicht im Institut frei fliegen lernen ...
Ich glaube, sie ist in diesen 24 Stunden in ihrem zu Hause dem Regenbogen entgegen geflogen.
Nach ihrer Einäscherung hole ich ihre Asche wieder ab. Die wird irgendwann ihrer letzten Bestimmung zugeführt werden.
Unser letztes gemeinsames Foto
das halbe Herz,
das Bienchen in den Schnee gelaufen ist.
Sie hat mein halbes Herz mitgenommen und ich habe ihr halbes Herz hier behalten. Nun sind wir beide nicht mehr vollständig ...
bis zu jenem Tag, irgendwann ...
"Denn wir kennen weder Tag noch Stunde ..." - Matthaeus 25
Auch, wenn wir zum Glück an Tag und Stunde für ein Tier ein ganz klein wenig und zum Wohl und der Schmerzlinderung des Tieres drehen dürfen ...
Im besten Ruhrpott-Sinn waren Bienchen und ich ein Kopp und ein Arsch, im poetischen Sinn waren wir ein Text und eine Melodie,
aber vor allem waren wir ein Herz und eine Seele.
Schlafe gut, mein süßes Mädchen. Niemand ist und war wie du!
Video vom 28. April 2020
Ach liefest du durch den Garten
noch einmal im raschen Gang –
wie gerne wollte ich warten,
warten tagelang!
Theodor Fontane