Samstag, 13. Juni 2020

13. Juni 2020 - Bienchens Geschichte - 19. Teil



Die vielen Unterlagen

mussten gesichtet werden, das war erst einmal vorrangig. Paul war in seine Wohnung gegangen, ich war ganz allein in der meiner verstorbenen Mutter.

Fast als erstes fand ich Bienchens Impfausweis. Jetzt hatte ich endlich ein genaues Geburtsdatum:

13. Oktober 2003.

Zu meiner Freude sah ich in dem Ausweis, dass Bienchen  all die Jahre regelmäßig geimpft worden war. Ihre nächste Impfung fiel sogar mit der von Robin zusammen, was ja ganz praktisch war.

Aber ich fand auch Unterlagen, auf die ich nicht gefasst war:

Kopien von Briefen meines Vaters, die sich um den Tod meines Bruders drehten. Er hatte Himmel und Hölle (sämtliche Institutionen also)  in Bewegung gesetzt, damit das wirklich aufgeklärt wurde ... was in seinen Augen nie geschah. In meinen übrigens auch nicht, aber das ist eine völlig andere Geschichte.

Dann fand ich etwas sehr Lustiges: Den Bienchen-Hundesteuer-Bescheid von Zell an der Mosel.

Dort kostete diese Steuer in 2010 pro Jahr 30 Euro.

Wie niedlich!

Wir hier zahlen mehr als fünfmal so viel. Warum ist das so? Warum gibt es überhaupt eine Hundesteuer?

Vermutlich nur deshalb, weil man einen Besitzstand nie ändert, wenn er einmal eingeführt wurde und den Kommunen gut tut. Unsere Stadt zum Beispiel wäre

schließlich ohne die Hundesteuer aufgeschmissen. Und das ist kein Scherz.

Obendrein kassieren sie heftige Beträge, wenn man seinen Hund zum Beispiel in einem Park frei laufen lässt (mein letzter Stand war, weil ich auch schon mal zur Kasse gebeten wurde: 45 Euro). Da hatten die Raubritter des Ordnungsamtes sogar zunächst gedacht, sie können von mir

90 Euro kassieren, weil ich gleich 2 Hunde frei laufen gelassen habe. Allerdings musste ich deren Freude dämpfen, denn nicht meine Hunde,

sondern ich habe diese "Ordnungswidrigkeit" begangen.

Verständlich ist dieses Muss, Hunde an der Leine zu führen, wenn diese bissig sind oder im Park Blumenbeete verwüsten. Das jedoch trifft auf die meisten Hunde gar nicht zu.

Aber vor den sogenannten Verordnungen sind alle Hunde gleich. Alle Eintreiber dieser Ordnungswidrigkeits-Gelder sind aber irgendwie auch alle wie geklont  ... man hat das Gefühl, denen "geht einer ab", wenn sie mal wieder einen erwischen. Von so etwas habe ich mich jedoch noch nie abschrecken lassen.

Es gibt Verordnungen, die sinnvoll sind - und es gibt welche, die einfach nur lächerlich sind. Ich bin in der Lage, als halbwegs klar denkender Mensch beides voneinander unterscheiden zu können.

Doch ich schweife ab, und das nicht einmal ungern. Es war schwierig für mich, die Unterlagen durchzusehen, Schränke zu öffnen und Dinge zu finden ... Und so schwierig ist für mich auch diese Niederschrift.

Ich habe mich entschieden, über etwas Bestimmtes hier nicht zu schreiben. Obwohl genau das mir zeigte, dass meine Mutter sich nicht völlig freiwillig von mir (und von allen anderen Verwandten) ab irgendeinem Zeitpunkt mehr oder weniger abgewandt hatte ... und es zeigte mir, dass all die vergeudeten Jahre nicht meine Schuld waren.

Verziehen hatte ich ihr ohnehin bereits, dass sie beinahe ganz (wenn ich sie nicht ab und an angerufen hätte)  und für 15 Jahre aus meinem Leben verschwunden war.

Andererseits mache ich mir keine Vorwürfe, wie es andere damals taten. Diese meinten, ich hätte einfach mal zu ihr hin fahren sollen ... Das habe ich nicht getan. Es lässt sich im Nachhinein nicht mehr ändern. Und es wäre am Ende wohl auch nicht wirklich richtig gewesen. Vielmehr: Es hätte nicht geholfen.

Ich fand Bankunterlagen. Die machten einen "guten Eindruck", aber natürlich wusste ich nicht, ob sie vollständig waren. Überraschungen der negativen Art brauchte ich nicht. Folglich machte ich mich auf den Weg zu ihrer Bank.

Die frische Luft war gut. Die Wohnung war lange nicht gelüftet worden. Zwar hatte ich die Fenster aufgerissen, aber es war trotzdem noch sehr bedrückend, in ihrem Umfeld zu sein, jetzt, wo sie nicht mehr lebte.

Natürlich durfte man mir in der Bank keine näheren Auskünfte geben.

Also beschränkte ich mich auf eine einzige Frage: "Kann ich das Erbe annehmen oder soll ich es ausschlagen?"

Diese Frage wurde mir positiv beantwortet und beruhigte mich in diesem Punkt.

Denn ohne Erbschein hatte ich keine Möglichkeit der Einsichtnahme in wichtige Dokumente. Und der Erbschein ließ ja leider noch eine Weile auf sich warten ... ich wollte jedoch vorher wissen, ob ich überhaupt einen brauchte.

Paul war da natürlich anderer Ansicht: Er hatte Sorge, dass er bei einer Ablehnung des Erbes, auch die Wohnung meiner Mutter selber ausräumen müsse ...

Ja, ja, der Paul ... Ich schreibe im nächsten Teil Weiteres über ihn.

Hätte ich das Erbe abgelehnt, ich hätte ihn liebend gern voll auflaufen lassen ...

Fortsetzung folgt
Copyright Silvia Gehrmann


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