Love Parade am 24. Juli 2010
"Sauerland macht Duisburg zum Trauerland"
Wie einige andere Tage wird mir dieser 24. Juli 2010 für immer im Gedächtnis haften bleiben. 5 Tage zuvor, am 19. Juli, war meine Mutter gestorben. Aber das nur am Rande, denn diese Trauer war nur meine eigene.
Nach dem 24. Juli 2010 wurde eine ganze Stadt von tiefer Trauer erfüllt (mit ihr natürlich viele Menschen auf der Welt), und wie oft mit Ausnahme von ein paar Leuten, die jetzt in der Verantwortung standen, diese aber weit von sich gewiesen haben.
Allen voran war der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland (in seinen Augen) der Unschuldigste von allen ...
Der Tag beginnt
und draußen ist es heiß. Die Hitze soll den ganzen Tag anhalten.
Mein Mann, der an diesem Samstag arbeiten muss, begibt sich auf den etwas weiteren Weg zu seinem Auto - das er am Vortag entfernt von der Innenstadt parken musste. Die Innenstadt ist quasi abgeriegelt, niemand kommt mehr mit privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln hinaus. Die Busverbindungen enden weit vor und beginnen erst wieder weit hinter der Innenstadt.
So muss ich mit Robin und Bienchen (Yorki und Malteserin) anstatt zum Wald zu fahren, in den Stadtpark gehen. Aber das ist gar nicht so einfach,
denn auch der ist zum Teil abgeriegelt. Mitten auf der Straße sind Zelte von den Maltesern (meine ich in der Erinnerung) aufgebaut. Auch hier kann man mir nicht sagen, wie ich in den Park gelange ... alles klingt ziemlich provisorisch. Aber zumindest ist man auf Verletzte oder von der Hitze geschwächte Personen eingestellt, und das schon weit vor dem Eingang
zur Love Parade, dem traurigen Zugang, dem Karl-Lehr-Tunnel:
Bis zum Eingang des Tunnels werden die Menschen von der Polizei durch die gesamte Innenstadt geleitet. Ein riesiger Umweg, wenn man bedenkt,
dass man die A 59 hätte teil-sperren können - um alle über die Autobahn zum Festival zu führen.
Vom Innenstadt-Kantpark höre ich gegen 15.00 Uhr, wie die Polizei die vielen Leute bittet, langsam zu gehen ...
Man wollte vermeiden, dass sich gleichzeitig zu viele Menschen im Tunnel befinden. Das ist leider nicht geglückt.
Der weitere Verlauf, wie ich ihn mitbekommen habe
Die Luftlinie von meiner Wohnung zum Party-Gelände ist von geringer Weite. Und da ich ohnehin durch die Musik beschallt werde,
schalte ich irgendwann den TV-Sender WDR ein, der live überträgt.
Plötzlich ist von Toten die Rede.
Die Musik spielt weiter.
Es ist ein Gefühl, als sei man auf der Titanic ... bis zuletzt wird alles verharmlost.
Aber noch haben das nicht alle bemerkt, am allerwenigsten die Feiernden.
Später wird erklärt: man hat das Fest nicht unterbrochen, damit nicht noch mehr Panik ausbricht. Einerseits ist die Musik (für die um die Toten Wissenden) nun sehr, sehr schwer zu ertragen ... andererseits erklärbar.
Am Abend
Mein Leben geht weiter wie zuvor, wenn auch nichts mehr so ist - und zwar für eine ganze Stadt. Ich mache mit Robin und Bienchen ihren üblichen Abendspaziergang.
Auf dem Weg halten mich zwei oder drei Leute an, schon richtig in Feierstimmung, und fragen mich nach dem Weg zur Love Parade.
Mir kommen die Tränen: "Gehen Sie nach Hause, bitte. Es gibt dort schon Tote."
Die vielen Menschen, die gerade nicht selber von dem Geschehen im Tunnel betroffen sind, haben offenbar noch keine Ahnung von dem, was dort geschehen ist ... Menschen trampeln übereinander, um die eigene Haut in Sicherheit zu bringen. Die Panik hat sie allesamt ergriffen, und in der denken eben viele nur noch ans eigene Überleben. Wer wollte das verurteilen? Ich nicht.
Dabei war bereits im Vorfeld ein Panikforscher in die Umsetzung der Love Parade involviert. Und viele andere Stellen. Vom damaligen OB Adolf Sauerland kursiert bald darauf eine (vor der Love-Parade geschriebene) handschriftliche Nachricht, die im Rathaus aufgetaucht ist:
Der OB will die Love-Parade unbedingt in Duisburg haben.
Später distanziert Sauerland sich davon, wie er sich auch von aller Schuld freispricht und von nix eine Ahnung gehabt haben will.
In einem umständlichen Verfahren wird von uns Bürgern ein Amtsenthebungs-Antrag gestellt. Freiwillig verlässt der seinen Stuhl nämlich nicht.
Nach diesem Verfahren wird Sauerland mit riesengroßer Mehrheit der Duisburger Bürger seines Amtes enthoben.
Fazit
Jeder, der diesen Tunnel kennt, ist sicher, dass er sich nicht als Durchgang für gleichzeitig so viele Menschen eignet. Und das nicht nur im Nachhinein, das war auch vorher schon bekannt.
Nach dem großen Lärm während der Love-Parade und auch noch, nachdem es Todesopfer gab, folgt die tiefe, tiefe Stille:
auch wir bringen (am übernächsten Tag) Blumen und Lichter zum Tunnel. Dort hätte man eine Stecknadel
fallen hören können.
Es gibt 21 Todesopfer und zahllose Verletzte und bis heute Traumatisierte.
Silvia
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