Freitag, 25. Juni 2021

25. Juni 2021 - Die Prinzessin auf der Erbse



Foto: Marianne Mossel



Die Prinzessin auf der Erbse

Es war einmal eine mäßig begabte Schauspielerin, die in einer unbedeutenden Serie eine Rolle spielte. Zukunfts- und prestigeorientiert sah sie allerdings kein Fortkommen. Sie hätte sicher gern an der Seite von Brad Pitt oder George Clooney in einem bedeutenden Film mitgewirkt, und natürlich hätte es ihr gefallen, wenn im Vorspann zuerst ihr Name genannt würde.

Man darf zwar träumen, aber wenn die Sterne für die eigene Begabung zu hoch hängen ... ist alles Träumen ohne Sinn.

Eines Tages wischte sie über ihren Smart-Kalender und fragte sich, wen an Berühmtheiten sie wohl alles inzwischen kenne ... und durch wen man eine Brücke zu einem sehr, sehr interessanten Mann, den die ganze Welt kennt, schlagen könnte.

Doch sie wollte nicht wirklich nur einen beliebigen Superstar, sondern jemanden viel, viel Einzigartigeres. Sie selber hielt sich nämlich für mehr als einzigartig, und endlich sollte die ganze Welt von ihrer Existenz erfahren, sie bewundern und lieben.

In ihrem Kalender wurde sie fündig, und sie bat die entsprechende Bekannte mit Engelszungen darum, ihr den Prinzen vorzustellen. Der wäre der einmalig große Wurf ihres Lebens und Garant einer Welt- Karriere. Solch eine Zusammenkunft stand irgendwann bevor ... und sie hätte vor dem Casting zu einem großen Film, der ihr dann doch nie angeboten worden wäre, nicht nervöser sein können ... es ging um Alles oder Nichts.

Dann saß sie dem Prinzen gegenüber, einem durchaus hübschen jungen Mann. Aber er war trotzdem nicht der, wäre er Bauarbeiter oder Beamter beim Finanzamt, jedes weibliche Herz hätte höher schlagen lassen. Das Höherschlagen verursachte die Tatsache, dass er ein Prinz war ... und ausschließlich diese.

 Die junge Schauspielerin setzte all ihre nicht wenig vorhandenen Reize ein, um ihn gleich einer Spinne mit ihren ausgelegten Netzen zu umgarnen. Viel Lebenszeit hatte sie nicht mehr für solch einen prominenten Fang ... denn die Jahre liefen ihr davon, und der Prinz war ohnehin schon um einige Jahre jünger als sie selber.

Aber die drehte an den genau richtigen Knöpfen, die deutlich sichtbar aus seinem Kopf aufleuchteten und nach Beachtung schrieen. Irgendwann bekam sie die Chance, ihm weitere ihrer Talente zeigen zu dürfen - genau solche, auf die der Prinz als Mann total abfuhr.

Bis zur Verlobung und Hochzeit dauerte es gar nicht lange. Die Schauspielerin fühlte sich wie in einem Traum, obwohl es ihr natürlich lieber gewesen wäre,

wenn ihr Herzensprojekt "Prinz" ein Thronfolger gewesen wäre. Dieser jedoch war bereits mit einer anderen verheiratet und für sie unerreichbar.

Trotzdem hätte sie nun glücklich und zufrieden sein können, denn ein Leben als weltbekannte Persönlichkeit war ihr gewiss.

Aber die Schauspielerin wollte mehr ... sie wollte Einfluss auf das Königshaus haben, sie wollte als liebevolle Person gesehen werden, sie wollte Macht haben ...

stattdessen dümpelten sie und ihr Prinz in einer der hinteren Reihen vor sich hin. Sie bekam viel zu wenig Aufmerksamkeit.

Falls man ihr dennoch einmal Aufmerksamkeit schenkte, war diese negativ besetzt. Ihre beinahe gesamte eigene Familie und viele Freunde hatte sie auf ihrem unaufhaltsamen Weg nach oben

längst unwiderbringlich zurückgelassen. Nun galt es, seine Familie hinter sich zu lassen ... um als Märtyrerin mit einem prinzlichen Märtyrer fortan die königlichen Titel zu nutzen und die ureigenen Botschaften in die Welt zu posaunen.

Auch das gelang ihr ... zumindest teilweise.

An einem Abend half ihr eine Hausangestellte, sich in ihr wunderschönes Bett zu legen ... und danach war nichts mehr wie es war. Am nächsten Morgen fragte die Angestellte, wie sie geschlafen hätte ... und die schauspielernde Neu-Prinzessin brummte nur "gut". Sie brummte sehr gerne, denn sie gab sich selten mit etwas zufrieden.

"Und du hast die Erbse unter der Matratze nicht bemerkt?" fragte die Angestellte.

"Wenn ich sie nicht bemerke, ist da auch keine Erbse." fluchte sie, und die Hausdame wurde umgehend entlassen. Diese befindet sich nun mit vielen vor ihr von der ehemaligen Schauspielerin entlassenen Kollegen auf dem Weg zum Arbeitsamt.

Und da die Neu-Prinzessin nicht gestorben ist, geht ihre Geschichte in die Verlängerung ...

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen wären rein zufällig
und natürlich nicht beabsichtigt.


Guten Tag, Gruß Silvia 

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