Lieber R.,
es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass du diese Zeilen je lesen wirst, aber: falls doch, wirst du dich sofort wiedererkennen.
Vor langer Zeit hatten wir gleichzeitig, aber völlig unabhängig voneinander die Idee, uns einen Film im Kino anzusehen - und dort haben wir uns das erste Mal gesehen. Wir sahen uns an, bevor das Licht ausging - und ich weiß, wir beide haben den Film nicht so aufmerksam verfolgt, wie wir es vorhatten, sondern darauf gewartet,
dass das Licht wieder anging. Sofort trafen sich unsere Blicke wieder ... dennoch war ich nicht wirklich darauf aus, aktiv eine neue "Bekanntschaft" (oder mehr als das) zu suchen. Langsam ging ich zum Ausgang, und ich spürte, dass du nicht weit hinter mir den Kinosaal verlassen hast.
Und sehr langsam ging ich auch meinen Weg weiter, denn ich musste mich überhaupt nicht umdrehen, um zu spüren, dass du
hinter mir hergegangen bist. Es ging ein wenig bergauf, und ein großes Plakat, dass so uninteressant war wie irgendetwas nur sein kann, gab mir die Möglichkeit, stehenzubleiben - und abwartend draufzustarren. Ich glaube, ich habe überhaupt nicht gesehen, um welche Werbung es sich handelte ...
und dann drehte ich mich um. Und du hast vor mir gestanden. Du hast mich angesprochen. Ich erinnere die Worte nicht, und du hättest auch sagen können "es ist 18.00 Uhr, finden Sie, dass es die passende Zeit ist, um sich kennenzulernen?" - Nein, das hast du natürlich nicht gesagt, es war irgendetwas anderes Belangloses,
bevor du mich gefragt hast, ob wir uns wiedersehen könnten.
Ich hatte dieses Gefühl nur ein einziges Mal in meinem Leben, und das war genau an diesem Tag: niemals später ist es mir wieder passiert:
Liebe auf den 1. Blick.
Von Natur aus bin ich eher eine rationale Person, und du bist ohnehin der Verstandesmensch.
Wir
kamen zusammen, und das Gefühl, wie auf Wolken zu schweben, beschwipst zu sein, ohne einen Tropfen getrunken zu haben und die ganze Welt umarmen zu können - blieb. Ein wenig ist davon
heute noch übrig, wenn ich an dich denke, und ich denke manchmal an dich. Mal wehmütig, mal mit einer gemischten Erinnerung, die auch von verpassten Gelegenheiten spricht, mal einfach nur, weil ich dich nie vergessen konnte. Nicht vergessen im Sinne von: diese Begegnung mit dir war wichtig für mein Leben.
Wie ernst es dir war, erfuhr ich, als du mir eines Tages dein großes Familiengeheimnis anvertraut hast. Und das fiel dir als eloquentem Mann trotzdem enorm schwer.
Am Ende hat uns etwas getrennt, was wir nicht in unseren Händen gehabt haben: unsere Liebe aber war eine
filmreife Geschichte,
obwohl niemand solch einen Film in der Wirklichkeit durchleben möchte.
Es begann im Kino - und es endete wie im Kino.
Guten Tag, Gruß Silvia
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