Anhand der Lindt-Weihnachtsbroschüre, kostenlos im Handel
Die wunderbare Lindt-Familie
... der ich mich zweimal im Jahr, vor Ostern und vor Weihnachten, widme, enttäuscht auch diesmal nicht - zumindest dann nicht, wenn man es mag, aus der Realität zu flüchten und sich am Glitzer mehr erfreut als an der schnöden Wirklichkeit. Was ist schon Wahrheit gegen ein paar simple Hochglanz-Darstellungen?
Das Heftchen habe ich am 22. Oktober erobern können, und es feiert bereits auf einer der ersten Seiten nicht nur die Weihnachtszeit, sondern suggeriert auch noch, den
Winter zu genießen. Dabei dauert es noch glatte 2 Monate, bis es Winter ist. Und Weihnachten selber fällt nur ganz knapp in diese Jahreszeit.
Allerdings hört sich Winter viel heimeliger an als Herbst, was das alles logischer macht.
Aber auf den ersten Seiten ist eine positive Meldung, die ein bisschen durch das Kleingedruckte minimiert wird:
Für jeden verkauften Teddy (100 g) spendet Lindt an die Organisation BILD hilft e. V. "Ein Herz für Kinder" 50 Cent.
Im Kleingedruckten bemerkt man dann die Limitierung der Spenden auf 200.000 Teddys. Beinahe hätte ich diese Kleinigkeit übersehen ...
Aber ich bin eine Füchsin.
Eine Human-Touch-Story?
Im Anschluss verfolge ich die Geschichte dieser wunderbaren Lindt-Familie, die genau so fotografiert wird, wie man sie sich in Statistiken gerne vorstellen möchte:
Eltern, 2 Kinder, natürlich ein Junge, ein Mädchen und das Großelternpaar.
Übrigens wird die Großmutter jedes Jahr jünger, und ihr Ausschnitt, den sie an die Schokoladentafel trägt, ist kurz vor knapp und bedeckt noch alles, zeigt aber ihr makelloses Dekolletè. Die Macher des Magazins beherrschen sowohl Maske als auch Fotoshop.
Dann fällt mir auf, dass es in dieser von Lindt vermutlich als Durchschnittsfamilie deklarierten Familie, überhaupt keine Tiere gibt
(die aus Schokolade mal ausgenommen),
obwohl ich gerne gesehen hätte, wie eine Katze auf dem Tannenbaum schaukelt.
Aber es gibt immerhin auch keine schokoladenverschmierten Kinder, und das, obwohl die Kleidung der Süßen vorwiegend weiß ist.
Mögen die eigentlich keine Lindt-Schokolade?
Doch Johann Lafer wird ihnen schon auf die Schoko-Sprünge helfen, denn wie in jedem Jahr spielt er auch diesmal eine Rolle und es steht endlich fest, was ihm vorher, wenn man es wörtlich nimmt,
gefehlt hat: In diesem Jahr wird Weihnachten bei Johann Lafer besonders festlich! Folglich festlicher als in vielen Jahren zuvor. Deutsche Sprache - schwierige Sprache - und voller Tücken.
Allerdings sieht sein Christmas Naked-Cake besonders schön aus, wenn ich auch hier bemerken muss, dass er mir viel zu viel Bisquit-Teig und zu wenig Füllung beinhaltet.
Aussehen ist eben die Hauptsache in diesem Prospekt. Inhalte? Kann ja niemand probieren!
Probleme werden ausgesperrt. Lärmend aussehende Patchwork-Familien, die sich offensichtlich streiten gibt es ebenso wenig wie einen Obdachlosen,
der an die Weihnachts-Tafel gebeten wird.
Ich komme also zurück zum
Human-Touch
und stelle fest, dass der völlig fehlt.
Dieses Lindt-Heftchen ist lediglich so wie es jedes Jahr ist:
Belanglos, wenig innovativ, auf Nummer Sicher setzend.
Man traut sich nicht, neue Wege einzuschlagen wie z. B. diese absolut sterile Familie, zu der man überhaupt keinen Zugang findet, einmal auszutauschen gegen eine vielleicht fetzige. Oder einfach nur gegen eine realistischere.
Oder gegen deine Familie, in der die Post abgeht und Schokoladen-Reste am Ende in der Waschmaschine landen.
Guten Tag, Gruß Silvia
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