Samstag, 20. April 2019

20. April 2019 - In der Warteschleife ...



In der Warteschleife ...

Bevor ich das Telefon oder heute Smartphone in die Hand nehme, um einen Anruf zu einer öffentlichen Stelle zu tätigen (Einwohnermeldeamt, Tageszeitung oder auch Tierklinik) muss ich fünfmal tief durchatmen und mich auf genügend Zeit einstellen. Aber Zeit alleine reicht nicht: Ich darf mich auf jede Menge Musik freuen,

und habe bereits vorher Sorge, dass es nicht meinem Musikgeschmack entsprechen wird. Wenn mir jetzt Helene Fischer in die Ohren dröhnt? Was mache ich dann?

Doch zum Glück hat sich noch keine Behörde getraut, die Fischer ins Endlosprogramm der Endloswarteschleife einzuspeichern (man möchte schließlich nicht die Bürger oder Kunden verprellen). Ich bin trotzdem meistens von der Musik enttäuscht und hochgradig genervt.

Telefon auf Lautsprecher stellen und daneben sitzen bleiben, klappt nicht. Das würde mich nur nervös machen. Also klemm ich es mir mal in die Hand, mal unters Kinn und

räume erst einmal den Wohnzimmer-Tisch ab. Da steht ja immer etwas, was man auf dem Weg zur Spülmaschine in die Hand nehmen kann.

Dann fällt mir ein, ich könnte mir die Fußnägel schneiden - ich hänge mittlerweile seit 13 Minuten in der Warteschleife - das klappt ganz gut plus Telefon am Körper. Danach suche ich ein paar Wäschestücke aus dem Schmutzwäsche-Behälter, sortiere sie nach Farben und

werfe sie schnell in die Maschine.

Doch auch nach 16 Minuten höre ich nur Musik und werde zwischendurch vertröstet, dass ich an der Reihe bin, sobald ein Mitarbeiter "frei" ist.

Ich bin so frei und putze den Herd, während ich sehe, dass die Fenster auch mal wieder geputzt werden könnten. Aber ... eigentlich bin ich doch bald dran und darf mein Anliegen vortragen? Nein, noch lange nicht, auch nicht nach

20 Minuten.

Okay, die Wohnung ist zwischenzeitlich aufgeräumt, ich raufe mir die Haare - und gehe ins Bad, um sie zu waschen. Immer das Telefon in Griff- und Hörweite.

Meine Haare sind schon beinahe trocken als nach 50 Minuten endlich eine menschliche Stimme, eine echt, keine aus dem Warteschleifen-Programm, zu mir spricht:

"Stadt D ... - Müller, was kann ich für Sie tun?"

Mir wird ganz schummerig, ich krame in meinem Kopf.

Ach, Frau Müller, ich habe völlig vergessen, warum ich überhaupt angerufen habe.


Guten Tag, Gruß Silvia



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen