Montag, 8. Juni 2020

7. Juni 2020 - Tatort München: "Lass den Mond am Himmel stehn"


Tatort München
Lass den Mond am Himmel stehn

Als dieser eindringlich stille Tatort zu Ende ist und die Abspann-Melodie wie ein Donnerhall greift, bin ich kurz erschrocken. Aber manchmal geht es nur so:

Mit der Rückkehr zum Normalen unsanft aus einem Albtraum wecken!

Dieser Mord lässt auch die Ermittler Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmeyr (Udo Wachtveitl) sprachlos zurück. Am Ende sitzen sie gemeinsam mit ihrem Assistenten auf einer Bank im Präsidium und müssen hilflos den Täter und seine Helfer ziehen lassen.

Der 13jährige Emil wird ermordet aufgefunden. Eine der ersten Ermittlungen führt die Kommissare zu  seinem Freund Basti Schellenberg (Tim Offerhaus) und dessen Eltern. Eine Eidechse läuft über den sterilen Boden des klinisch reinen Hauses - und Antonia Schellenberg (Victoria Mayer) meint auf Nachfrage, sie hätten ein Echsen-Problem, das vom Dach her rührt ...

In Thailand sagt man: Wer einen Gekko im Haus hat, ist ein glücklicher Mensch!

In dieser Familie, in diesem Haus,  gibt es kein Glück. Hier kommt das Unglück vom Dach her, man könnte auch vermuten: Von der ausgesprochen kalten Mutter-Figur.

Der Vater hat sich längst in seine eigene Welt zurückgezogen.

Es gibt ein paar Spuren, die in völlig andere Richtungen führen: Da ist der Parkplatz für anonymen Sex. Dort haben sich auch

Emils Stiefvater und Bastis Schwester Hannah zum Sex getroffen. Hannah war zu diesem Zeitpunkt noch 17 Jahre alt, feiert kurz darauf ihren 18. Geburtstag.

Sie ist der Augenstern für ihren Vater. Und als er scherzhaft meint, sie sei von seinen Töchtern die, die er am liebsten hat - obwohl Hannah die einzige Tochter ist,

meint er vermutlich, dass er sie von seinen zwei Kindern am liebsten hat.

Denn Basti ist so kaltherzig wie seine Mutter. Als Emils Mutter ihm anbietet, sich in Emils Zimmer ein Andenken auszusuchen,

nimmt er dreist das große TV-Gerät. Auf die Idee, dass ein Fernseher als Andenken durchgehen kann, kommt auch nicht jeder.

In die Irre führt ein wenig die Erkenntnis der Ermittler, dass Basti bei seinen Mitschülern sehr beliebt ist, während Emil ein Aussenseiter war.

Kaum zu glauben, dass die Kinder Bastis wahres Wesen nicht erkennen.

Und meiner langen Rede kurzer Sinn ist, dass Basti seinen Freund erschlagen hat. Und das aus absolut niedrigen, nichtssagenden und belanglosen Gründen heraus ...

seine Eltern lassen die Leiche verschwinden.

Motor der Vertuschung ist wohl eher die Mutter. Hat sie keine Angst, das nächste Opfer ihres Sohnes zu werden? Hat sie keine Sorge um ihn, wie sein weiteres Leben verlaufen wird?

Die Mutter, die auch Juristin ist, stellt bei ihrer Vernehmung klar, dass Basti nicht strafmündig ist - und sie als Eltern nicht für die Beihilfe nach dem Töten von Emil belangt werden können.

Sie nimmt ihr Früchtchen wieder mit nach Hause, und es gibt erst einmal etwas zu essen.

Nur Hannah bringt sich selber in Sicherheit und verlässt ihr Elternhaus.

Doch so einfach ist das für den minderjährigen Mörder nicht: Basti wird sich in eine psychiatrische Untersuchung fügen müssen. Am Ende entscheidet der Kinder- und Jugend-Psychologe über seine Zukunft.

Ein Krimi, der nicht wenig an den Nerven zerrt. Der Film kann aber auch die Diskussion darüber anregen, wie sinnvoll oder sinnlos Strafunmündigkeit gewisser Altersgruppen ist. Immerhin hat der Junge nicht nur ein paar Scheiben eingeschlagen ...

Erst ein paar Tage zuvor habe ich einen ähnlich guten Tatort München in einer Wiederholung gesehen: "Gestern war kein Tag" aus 2011.

5 von 5 möglichen Sternen für Lass den Mond am Himmel stehn. Ein Spielraum nach unten für den Abzug eines Sternes bleibt mir nicht.

Ein besonderes Lob an den Darsteller des Basti. Sicher wurde er während der Dreharbeiten psychologisch begleitet.


Guten Morgen, Gruß Silvia


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen