Vorspeise: Borschtsch über Feuer. Dazu verfeinerter Schmand sowie ein Streifen vom Bio-Steak.
Hauptgang: Schaschlik über Holzkohle gegrillt. Dazu Zwiebeln in Essig mariniert. Außerdem eine Flammkartoffel mit Sauerrahm-Sauce und Adjika
Nachtisch: Pfannenküchlein mit Kondensmilch. Dazu sibirischer Schnee, Beeren und selbstgemachte Marmelade
Feuer, Fleisch(berge), Dramatik und viel Show
Heute fühle ich mich vor dem TV-Gerät nicht nur fehl am Platz, sondern auch schwer genervt von dieser Veranstaltung, die zu denen gehört, die ich im Internet strikt meide, weil mich weder Influencer noch die Verarbeiter von Fleischbergen interessieren oder mich gar ködern können.
Die Ausschnitte aus Pauls diversen Internet-Kanälen verursachen mir ein Grummeln in der Magengegend und völliges Unverständnis im Kopf: da zeigt er eine (geschlachtete) 18-Kilo-Pute, die er angeblich mit Liebe verkloppt, und die er im Anschluss an diese lieblose Tätigkeit zubereitet hat, um seine Follower zu begeistern.
Ein ganzes Wildschwein (vermutlich ein größerer Frischling, nur ohne Kopf) - und so groß wie sein geliebter Hund "Levi" - dreht auch noch an einem Spieß, während Paul sich feiert, denn der
in Russland geborene 26jährige, der seine Wurzeln auch in der Ukraine hat (beide Nationen sind eben Brüder und Schwestern)
hat durchs Internet zu einer Einkommensquelle gefunden, die ihm sein erlernter Beruf als Erzieher in dieser Höhe nicht eröffnet hätte.
Der Begriff "Ostblock" in seiner Speisekarte ist im übrigen schon lange - seit bereits vor seiner Geburt - nicht mehr gebräuchlich, weil er irritierend ist: Ostblock bedeutete damals, dass die osteuropäischen Länder von der Sowjetunion beherrscht wurden und keine eigene Politik machen konnten.
Und da ich heute pingelig bin: es heißt Ruhrgebiet und nicht Ruhrpott, obwohl das Derbe bei Paul den Vorrang hat und alles Feine auf der Strecke verreckt (ich bin jetzt auch mal derbe).
Das Essen
Ich picke ein paar Dinge heraus, denn insgesamt interessiert mich dieses Essen weniger als wenn mir ein Fingernagel gerissen wäre oder mir eine Taubenfeder auf den Kopf fallen würde.
Zum Aperitif gibt es Bier vom Fass und das ist okay. Dazu gibt es als "Gruß aus dem Garten-Kühlschrank" für jeden Gast eine kleine
Schippe Kaviar vom Stör auf die Handrücken, den diese dann abschlecken sollen. Spätestens in dem Moment ist Paul sicherlich froh, dass er nur männliche Gäste hat, und dass diese offenbar nicht zimperlich sind. Aber vermutlich hätte er auch - ohne weiter drüber nachzudenken - eine Frau mit Kaviar "bekleckert".
Ich kann und will mich nicht daran erinnern, wie seine Feuertöpfe genannt werden, die er voller Stolz präsentiert, als handele es sich um ein Equipment, das jeder braucht.
Borschtsch, eine Suppe zu der ich Nein-Danke sage, bereitet er überm Feuer zu - und als Clou zündet er ein Stück Holz an, dessen Flamme er durch heftiges Pusten löscht ...
um direkt im Anschluss damit die Suppe umzurühren (soll einen rauchigen Geschmack reinbringen). Mir fällt dazu nur viel Spucke ein, die zusätzlich in den Eintopf gelangt.
Der ehemalige Kommissar Ulrich hat schon Recht, dass man mit den Spießen einen Menschen ermorden könnte - aber das passiert natürlich nicht, denn
es werden Rindfleischstücke draufgequetscht und gegrillt.
Die Ofenkartoffeln mariniert er mit gekaufter russischer Majo, weil die die allerbeste sein soll, die man nicht und auf keinen Fall selber herstellen kann. Überhaupt ist er großzügig, gekaufte Produkte zu verwenden, wenn sie nach seinem Gusto besser schmecken ...
Nach der "Kür" ist der Nachtisch für Paul nur die "Pflicht": möchte wirklich jemand Pfannküchlein essen, die mit Milchmädchen, der gezuckerten Kondensmilch, getoppt werden?
Fazit
Ich denke nur, dass es gut ist, dass ich nächste Woche bereits vergessen habe, wer Paul ist: trotz alledem kann ich mir gut vorstellen, warum er viele Follower hat, denn die scheinen auch das Derbe und Übertriebene, seine Show-Einlagen und die Fleischberge zu mögen.
Ich mag genau das nicht, denn bei Paul gibt es heute nebenbei auch mehr Ruß als im gesamten Ruhrgebiet in einem Jahr. Na ja, ich übertreibe natürlich genau so wie Paul in seiner Show, der sich offenbar berufen fühlt, anderen etwas beibringen zu müssen. Soll er! Darf er natürlich!
Anstatt mich unterhalten zu fühlen, fühle ich mich belästigt.
Die Punkte: je 8 geben Francesco und Mike, 9 gibt Ulrich und 10 Florian.
Mit 35 Zählern am 2. Tag hat Paul die vorläufige Führung inne.
Falls er gewinnt, sollte er einen Teil des Geldes in einen Kurs stecken, der ihm vermittelt, wie man vernünftig isst. Er hängt überm Tisch und isst wie einer,
der nach einer 12-Stunden-Schicht Kohldampf bis zum Umfallen hat. Dabei influenct er doch nur ...
Guten Morgen, Gruß Silvia
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