Mit Ach und Krach und miesen Zensuren hatte Gigi gerade auf dem untersten Level ihre Mittlere Reife geschafft - und von der Schule, vom Lernen im Allgemeinen so richtig die Schnauze voll. In der Schule lernte man lt. Gigi schließlich nicht fürs Leben, sondern, abartige Mathematik-Aufgaben zu lösen (sie selber gehörte nicht zu denen, die jemals eine Lösung auf höherer Mathematik-Ebene gefunden haben, die übers Einmaleins hinausgegangen war) - oder sollte Gedichte von Goethe und Schiller und Konsorten interpretieren. Was interessierten
Gini diese uralten Schinken, und warum sollte sie sowas interpretieren?
In Zukunft war sie mehr als bereit, jegliche Art von Schule zu vermeiden und wenn nötig auf einem hinkenden Bein und mit Bauchschmerzen und Ausreden zu umschiffen - um sich auf etwas zu konzentrieren, das
in ihrer Schule nicht gelehrt wurde, für das man allerdings
nicht einmal eine Ausbildung benötigt: sie will
Influencerin werden
- und sich nicht für ein paar wenige hundert Euro im Monat in irgendeinem Ausbildungsberuf zu Tode schuften, um dann am Ende jahrelanger Knechterei nur wenig mehr zu verdienen. Influencer
hingegen sind Großverdiener, ohne viel zu arbeiten - so viel weiß Gigi.
Dann kamen in einer TV-Sendung ein paar influencende Menschen zu Wort, die von
harter und täglich stundenlanger Arbeit sprachen, und dass diese Tätigkeit ihnen nicht einmal ein freies Wochenende gönnte.
Das wiederum findet Gigi ziemlich erschreckend - aber mutig stellt sie sich den Aufgaben, immer das große Ganze, nämlich das Geld, im sturen Blick.
Ihre beste Freundin im Geiste macht die ersten Fotos für Gigis Instagram-Account - im Gegenzug fotografiert sie die Freundin, die sich ebenfalls aufmachte,
um alle Welt zu beeinflussen.
Gigi ist jung, verachtet kein Geld und zieht ins Feld, in dem bereits wer weiß wie viele auf der Strecke geblieben sind - aber ihr
Pfund war ihr hübsches Gesicht und ein schöner Körper. Was sollte also schiefgehen.? Mit voller Girl-Power rein ins
Online-Geschäft - so hämmert sie es sich in ihren kleinen Kopf mit den vielen illusorischen Gedanken zurecht, die auf eine harte Wirklichkeit treffen,
denn
nach 4 Wochen und vielen Fotos mit vielen genauso nichtssagenden Geschichten wie die erfolgreicher Influencer
hat sie gerade einmal 18 Follower.
Ein brummendes Geschäft sieht anders aus! So weit waren selbst Gigis Rechenkünste gediehen, dass sie es erkennen muss.
Ein Jahr später
wohnt Gigi noch immer in ihrem Kinderzimmer im Elternhaus, liegt Mutter und Vater schwer auf der Tasche, denn sie erkennen keinen Lichtstrahl am Horizont, der Gigi endlich ins Arbeitsleben katapultieren könnte - und ihre verzweifelte
Mutter dreht völlig am Rad und sucht nach einem Ventil, während ihr Vater sich stoisch verhält und der Einfachheit halber seiner Frau die Schuld an dieser verkorksten Tochter gibt. Eine Familie
droht zu zerbrechen, doch wenigstens Gigis Mutter findet ihr Ventil:
sie eröffnet einen Instagram-Kanal und nennt ihn
"Meine Rabentochter".
Sie will lediglich ihre Sorgen schriftlich niederlegen, nur für sich selber ...
aber die Seite geht rasch und ungeplant viral.
Während Gigi es nach einem Jahr auf 142 Follower gebracht hatte, steht ihre
Mutter nach nur einem Monat 89.000 Followern gegenüber, die vermutlich allesamt
gleichgesinnte leidgeprüfte Mütter sind. Und täglich rotiert das Zählwerk munter weiter ...
Mother-Power statt Girl-Power!
Guten Tag, Gruß Silvia
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